RWE: Einstieg bei niederländischem Atomkraftwerk fast perfekt
Stand: 05.07.2011
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Essen/Borssele - Der Einstieg des zweitgrößten Stromversorgers Deutschlands, RWE, in die niederländische Atomstromerzeugung ist nahezu perfekt. Laut Angaben des Essener Unternehmens habe RWE und der Versorger Delta eine weitergehende Vereinbarung zur Übernahme eines 30-Prozent-Anteils am AKW Borssele unterzeichnet. Auch die Behörden hätten ihre Zustimmung gegeben. Jetzt stehe nur noch der Abschluss, das sogenannte Closing aus. Dies erläuterte eine Sprecherin am Dienstag.
Der Anteil dürfte rund 600 Millionen Euro kosten. Ob RWE sich auch an einem Neubau Borssele II beteiligt, ist offen. Pläne von RWE und Konkurrent E.ON gemeinsam in Großbritannien Atommeiler zu bauen, sind ebenfalls noch offen.
Der Abschluss der 30-Prozent-Übernahme an Borssele I käme einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Unternehmen gleich. RWE wollte 2009 im Zuge der damaligen Übernahme des niederländischen Versorgers Essent (Arnheim) auch gleich dessen 50 Prozent-Anteil an Borssele übernehmen. Delta, das 19 Städten und 3 Provinzen gehört, hatte gegen eine Übernahme von 50 Prozent durch RWE geklagt.
Beim Geschäftsabschluss würde jetzt RWE aus dem Paket 30, Delta 20 Prozent erhalten. Der bislang einzige kommerzielle niederländische Meiler Borssele I liegt an der Nordsee im Süden des Landes in der Provinz Zeeland, 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Die Niederländer setzten trotz Fukushima auf den Ausbau der Kernenergie - dabei auch durch Kooperationen mit ausländischen Partnern.
In Großbritannien befinden sich RWE und E.ON derzeit in einer Projektphase zum Bau neuer Meiler. Die Konzerne müssen noch einen Bericht der dortigen Atombehörde abwarten, ob neue Meiler gebaut werden sollen. Die Entscheidung wird im dritten Quartal erwartet. In einem Vorbericht habe sich die Behörde für neue Meiler ausgesprochen, erklärte RWE. Gibt die britische Atomaufsicht "grünes Licht" ist aber noch nicht entschieden, ob RWE und E.ON über ihr Gemeinschaftsunternehmen Horizon Nuclear Power tatsächlich auch umgehend Meiler bauen wollen. Entscheidungen seien noch nicht gefallen, sagte RWE.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Dienstag berichtet, RWE und E.ON könnten ihre Atompläne in Großbritannien auf Eis legen. Es werde immer unwahrscheinlicher, dass die Neubauten wie geplant realisiert würden, verlautete aus beiden Konzernen. Die Investitionen kämen schlicht zu teuer, schreibt die Zeitung unter Bezug auf mit dem Projekt vertraute Manager. Wegen fehlender Einnahmen nach dem beschleunigten Atomausstieg wollten die Konzerne ihre Schulden mit dem Verkauf von Unternehmensteilen reduzieren. Milliardeninvestitionen wie im Fall Horizon, die sich erst in vielen Jahren auszahlten, seien den eigenen Investoren derzeit kaum noch zu vermitteln. Ein E.ON-Sprecher betonte allerdings: "Es gibt überhaupt keinen neuen Planungstand."
RWE und E.ON hatten sich bei einer Auktion 2009 zwei Standorte für neue Kraftwerke gesichert. Schon das habe einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Bis 2025 sollte die gemeinsame Tochter fünf oder sechs Reaktoren bauen und bis zu 17 Milliarden Euro investieren. Die erste Anlage sollte bereits bis 2020 in Betrieb gehen.