Essen - Nach der geplanten milliardenschweren Übernahme des niederländischen Versorgers Essent will sich der Energiekonzern RWE bei weiteren großen Zukäufen zurückhalten. "Die Integration von Essent wird uns jetzt erst einmal binden", sagte Vorstandschef Jürgen Großmann der "Financial Times Deutschland" (Donnerstag). "In den kommenden drei oder vier Jahren werden wir voraussichtlich nicht noch einmal einen Zukauf in dieser Größenordnung stemmen wollen." Bei kleineren Akquisitionen werde RWE aber weiter mitmischen. Großmann machte deutlich, dass er mit Bewegung in der Versorgerindustrie rechnet. "Ich glaube nicht, dass die Konsolidierung der Branche in Europa abgeschlossen ist."
Großmann kündigte eine entschlossene Integration von Essent an: "Wir werden nach Abschluss der Transaktion eigene Leute entsenden, und zwar in alle Management-Ebenen. Wir haben dafür genügend gute Leute bei RWE", sagte er. Es werde aber kein Vorstand der RWE AG zu Essent wechseln, auch werde es keine Doppelfunktionen geben. Den Kauf von Essent will
RWE im dritten Quartal abschließen.
Anfang Januar hatten sich die Vorstände von RWE und Essent auf die 9,3 Milliarden Euro teure Übernahme verständigt. Allerdings steht noch die Zustimmung der Kartellbehörden und der Essent-Aktionäre aus. Bei den Anteilseignern gibt es der Zeitung zufolge Vorbehalte. So habe sich mit der Gemeinde Brunssum, die 0,25 Prozent der Anteile hält, am Mittwoch erstmals ein Stadtrat gegen den Verkauf ausgesprochen. 80 Prozent der Essent-Eigner müssen zustimmen.
Großmann betonte zudem, dass er sich vom Aufsichtsrat voll unterstützt fühle. Die Zusammenarbeit sei "außerordentlich gut".
Hintergrund sind Berichte über einen angeblichen Machtkampf mit Teilen des Kontrollgremiums, der sich am umstrittenen Einstieg beim bulgarischen Kernkraftwerk Belene entzündet haben soll. "Ich schätze unseren Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Fischer sehr und hoffe, noch lange mit ihm zusammenarbeiten zu können", sagte Großmann. Er ist seit Oktober 2007 Chef von RWE.