RWE-Chef Großmann kämpft für Atom - Aktionäre dagegen
Stand: 20.04.2011
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Essen - RWE-Chef
"Die deutschen Kernkraftwerke erfüllen die geltenden Sicherheitsanforderungen. In jedem anderen Fall hätten sie bereits zuvor abgeschaltet werden müssen. Daran ändern die Ereignisse in Japan nichts", verteidigte Großmann seinen Atomkurs.
Massive Kritik an Großmann
Die Rede des Konzernchefs wurde von Atomgegnern immer wieder von "Abschalten"-Rufen unterbrochen. Schon vor der Halle waren die RWE-Aktionäre von Demonstranten empfangen worden. Mit gespannten Wollfäden und Sitzblockaden hatten die Atomkraftgegner versucht, die Anteilseigner am Betreten der Halle zu hindern, so dass die Veranstaltung erst mit Verspätung beginnen konnte.
Bereits vor dem Aktionärstreffen war der RWE-Chef nach Informationen von "Spiegel Online" bereits von kommunalen Aktionären des Energiekonzerns massiv kritisiert worden. Grund sei das Festhalten des Managers an der Atomkraft, während ein Teil der Anteilseigner aussteigen wolle, hieß es. Ein Unternehmenssprecher wollte den Bericht auf Anfrage nicht bestätigen. Die Sitzung sei "sehr ruhig und sachlich" verlaufen, hieß es.
"Das sind wir Ihnen, unseren Aktionären schuldig"
Mit der Klage des Konzerns gegen das Moratorium der Bundesregierung habe das Unternehmen seine Verpflichtung gegenüber den Aktionären erfüllt, sagte Großmann. "Das sind wir Ihnen, unseren Aktionären schuldig", so der Konzernchef. Die Klage sei jedoch keine Kampfansage an die Politik, betonte er. RWE hatte als einziger deutscher Atomkonzern eine Klage gegen das Moratorium eingereicht.
Die Kritik Großmanns an der Bundesregierung fiel jedoch trotzdem deutlich aus. "Statt den volkswirtschaftlichen Schaden zu begrenzen, konzentriert sich die Politik darauf, Schadenersatzforderungen der Versorger zu vermeiden", sagte er. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die Privatwirtschaft für die angestrebte Energiewende einen dreistelligen Milliardenbetrag einsetzen müsse. Das Geld dafür stamme zumindest zum Teil aus Kernenergie und fossiler Erzeugung.
Atom-Moratorium kostet RWE dreistelligen Millionenbetrag
Bei RWE stammten nach Unternehmensangaben 2010 knapp 15 Prozent des betrieblichen Ergebnisses von 7,7 Milliarden Euro aus der Kernkraft. Somit lag der Ergebnisbeitrag aus der Kernenergie bei etwa 1,16 Milliarden Euro. Durch die Abschaltung in Biblis stünden derzeit 44 Prozent der installierten Leistung aus Atomkraft still. Die zu erwartenden Ergebniseinbußen beziffert RWE auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Mittelfristig hält es der Konzern aber sogar für möglich, dass RWE von einem schnelleren Atomausstieg profitieren könnte. Dafür könnte unter anderem der durch das knappere Angebot steigende Strompreis sorgen.
Das Unternehmen wies einen Bericht der "Westfälischen Rundschau" zurück, demzufolge der RWE-Vorstand beschlossen hat, sich mit 20 Prozent am Bau eines AKW in den Niederlanden zu beteiligen.
In die Kritik geriet auch der Einfluss der kommunalen Aktionäre im RWE-Aufsichtsrat. Aktionärssprecher forderten eine deutliche Reduzierung des Einflusses der Kommunen, die nach eigenen Angaben über einen Anteil von rund 25 Prozent an RWE verfügen. Über ihre Vorschlagsliste sollen künftig statt bisher vier nur noch drei Vertreter in das RWE-Kontrollgremium einziehen, teilte das Unternehmen mit.
Faktisch bleibt aber alles beim Alten
Die Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) soll künftig zwar weiterhin dem Aufsichtsrat angehören, jedoch nicht mehr als Vertreterin der kommunalen Aktionäre. Als weitere Vertreter der Kommunen stellen sich der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD), sowie der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises Frithjof Kühn (CDU) und Roger Graef vom Verband der kommunalen Aktionäre zur Wahl.