Essen - Rund eineinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt hat RWE-Chef Jürgen Großmann einen grundlegenden Umbau des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns in Angriff genommen, der noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll. Zu einem Abbau von Arbeitsplätzen werde es dabei nicht kommen, sagte Großmann am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Essen. Vorgesehen sei lediglich der Wegfall einzelner Funktionen, dem jedoch ein Aufbau neuer Arbeitsplätze in dem Unternehmen gegenüberstehen werde. Geplant sei, die formellen Voraussetzungen für die Neugestaltung bis Ende August abzuschließen.
Zu Einzelheiten der Pläne, die unter anderem eine Auflösung der bisherigen Dortmunder Vertriebsgesellschaft
RWE Energy vorsehen, wollte Großmann keine Angaben machen. Die bisherigen Regionalgesellschaften RWE Rhein Ruhr und RWE Westfalen Weser Ems sollen in die Bereiche Vertrieb und Netz aufgeteilt werden. "Die Steuerung des Konzerns wird generell stärker nach nationalen Märkten erfolgen", kündigte Großmann an. Details sollen in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Der Aufsichtsrat des Konzerns hatte dem Konzept bereits am Dienstagabend zugestimmt.
Nach dem Verlust von insgesamt 120 000 Stromkunden im vergangenen Jahr sei das Unternehmen zuversichtlich, den Kundenschwund gestoppt zu haben. Mit unterm Strich 80 000 neu hinzugewonnen Stromkunden habe es im zweiten Halbjahr eine Trendwende gegeben, sagte Großmann. Als Erfolg habe sich dabei das Festpreisangebot "ProKlima Strom" erwiesen, bei dem RWE Strom aus
Wasserkraft und Kernkraft anbietet.
Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise rechne RWE im angelaufenen Geschäftsjahr 2009 mit einem guten Geschäft. "Unser Geschäftsmodell ist wetterfest, unsere Finanzen sind es auch", sagte Großmann. "Auch wir sind nicht gefeit vor den Risiken einer möglicherweise mehrjährigen Rezession mit entsprechend rückläufigem Industriestromverbrauch und niedrigen Energiepreisen", räumte der RWE-Chef ein.
Beim Umsatz und den den wichtigsten Ergebniskennzahlen rechne das Unternehmen 2009 jedoch mit Werten auf dem Niveau des Vorjahres. Im vergangenen Jahr hatte sich das betriebliche Ergebnis um 4,5 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro erhöht. Wegen Wertberichtigungen ging das Nettoergebnis aber unterm Strich um rund vier Prozent auf knapp 2,6 Milliarden Euro zurück. Der Umsatz erhöhte sich im vergangenen Jahr um 15 Prozent auf 49 Milliarden Euro.
Nach dem bis zum Herbst 2009 geplanten Abschluss des Erwerbs des größten niederländischen
Energiekonzerns Essent wollte der RWE-Chef weitere Zukäufe "nicht kategorisch ausschließen". Wenn überhaupt, würden diese Neuerwerbungen jedoch bei weitem nicht die Größenordnung des Essent-Projekts haben. Bei den angekündigten Investitionen werde das Unternehmen keine Abstriche machen. Bis zum Jahr 2012 seien Investitionen von 26 Milliarden Euro allein in Sachanlagen geplant.
Zum 1. April kündigte der RWE eine weitere Senkung des
Gaspreises bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Strompreise an. Hintergrund der um 12 Prozent sinkenden Gaspreise sei die Bindung an den rückläufigen Ölpreis. Trotz bereits deutlich gesunkener Großhandelspreise für
Strom sei eine Strompreissenkung für Endverbraucher in diesem Jahr nicht in Sicht. Eine Anpassung sei aufgrund der langfristig abgeschlossenen Bezugsverträge frühestens Ende 2010 möglich, sagte Großmann.