Röttgen-Berater: Endlager-Suche auf fünf Standorte ausdehnen
Stand: 12.09.2011
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Berlin/Gorleben - Der oberste Regierungsberater bei der Entsorgung von Atommüll, Michael Sailer, will die Endlagersuche ausweiten. Bundesweit sollen vier bis fünf Standorte geprüft werden. Diese seien durch ein fachlich fundiertes Auswahlverfahren am besten bis 2014 oder 2015 zu bestimmen, erklärte der Vorsitzende der Entsorgungskommission (ESK) der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Die ESK berät das Umweltministerium in Fragen zu Abfällen aus der Atomenergie. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) plant, noch bis bis Jahresende ein Gesetz vorzulegen, wie es in der Endlagerfrage weitergehen soll.
"Diese vier bis fünf Orte könnte man dann detailliert prüfen, und untereinander sowie mit dem bisher erkundeten Standort Gorleben vergleichen", sagte Sailer. "Wenn man sich zuvor schon gegen Gorleben entscheidet, wäre unter diesen in die Endauswahl genommenen Standorten ein Endlagerort auszuwählen." Bewegung war in das Thema gekommen, weil im Zuge der Energiewende auch Baden-Württemberg und mit Abstrichen Bayern sich offen gezeigt hatten für einen neuen Anlauf. Die beiden Bundesländer, in denen mit am meisten Atommüll produziert wird, haben potenzielle Endlagergebiete.
Die Bundesregierung will die Endlagersuche gemeinsam mit allen Ländern angehen. Im Herbst sei dazu ein Spitzengespräch zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten geplant, berichtet der "Spiegel".
Gorleben-Gegner: "Endlich kommt Bewegung in die Sache"
Die Gegner eines Atommüllendlagers in Gorleben begrüßten den Vorstoß Sailers. "Endlich kommt Bewegung in die Sache. Denn die Einbahnstraße Gorleben wird sich als Sackgasse erweisen", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke.
Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer forderte wie Ehmke Gorleben bei einem Neustart ganz aus der Auswahl zu nehmen. Zudem müsse der nächste Castor-Transport Ende November in das Zwischenlager Gorleben, das nahe des Erkundungsbergwerks steht, sofort abgesagt werden. Jeder weitere Castor in das Zwischenlager zementiere Gorleben als Endlager-Standort.
Bleibe Gorleben im Spiel, sei es schwerer, Mehrheiten für ein anderes Endlager zu finden, betonte Ehmke, da hier die untertägigen Bauarbeiten sehr weit fortgeschritten seien, somit müsse jeder Vergleich mit anderen Standorten hinken.
Zweifel an der Eignung von Gorleben
Seit rund 30 Jahren hat sich die Politik auf den Salzstock im niedersächsischen Gorleben konzentriert, die Atomindustrie hat hier mehr als 1,5 Milliarden Euro investiert. Aber es gibt Zweifel, ob das Salz den hoch radioaktiven Müll in rund 800 Metern Tiefe sicher einschließen kann oder ob etwa Wassereinbrüche drohen könnten.
"Ich hoffe darauf, dass die Politik das jetzt anpackt", sagte Sailer mit Blick auf eine mögliche neue Endlagersuche. Um massive Proteste zu vermeiden, sei es wichtig aus Gorleben, wo teils "arrogante Entscheidungen" getroffen worden seien, Lehren zu ziehen. "In so ein Gesetz muss folgendes rein: 1. dass es ein transparentes Verfahren gibt, 2. wer entscheidet, 3. wie konkret die Bürgerbeteiligung aussieht und 4. ein Zeitplan, der unter anderem vorsieht, dass man bis 2014 oder 2015 die vier bis fünf Standorte für die vertiefte Prüfung bestimmt hat."
Sailer, der Geschäftsführer des Öko-Instituts ist und auch in der Reaktorsicherheitskommission sitzt, greift damit weitgehend zurück auf Vorschläge des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd). Der Arbeitskreis, dem Sailer angehörte, hatte 2002 zu rot-grünen Zeiten vorgeschlagen, dass es eine Bürgerbeteiligung sowie die detaillierte Erkundung von mindestens zwei Standorten geben soll.
"Sinnvoll wäre bei jedem Standort ein Gebiet mit einer Größe von 30 bis 80 Quadratkilometern einzubeziehen", sagte Sailer. "In Deutschland wird es nur mit Salz- oder Tongestein gehen." Granit, der vor allem in Bayern zu finden ist, umschließe den Atommüll wegen der Härte des Gesteins schlechter. Der ESK-Vorsitzende schlug vor, dass der Bundestag über die vier bis fünf Kandidaten als auch letztlich über den Endlagerstandort entscheiden soll.