Regierungspläne zum Atomausstieg treffen auf breiten Konsens
Stand: 17.06.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa | dapd
Berlin - Bund und Länder feilschen bei Atomausstieg und Energiewende ums Kleingedruckte, dennoch ist ein breiter Konsens absehbar. Denn auch SPD und Grüne sind kompromissbereit. Ganz unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit haben Ländervertreter am Freitag im Bundesrat für zahlreiche Korrekturen an den Plänen der Bundesregierung für einen Atomausstieg bis 2022 geworben. Gefordert wird, dass die erneuerbaren Energien schneller ausgebaut und die Förderung für die Gebäudesanierung massiv ausgeweitet werden.
Die Länderkammer beriet das rund 700 Seiten starke Gesetzespaket der Regierung zum ersten Mal. Abschließend soll sie sich am 8. Juli damit befassen. Zustimmen müssen die Länder nur in einem einzigen Punkt, nämlich der Hilfen für die Gebäudesanierung zum Energiesparen. Mitreden wollen sie aber bei allen Punkten.
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte auch zu, es handele sich um ein "nationales Gemeinschaftsprojekt, das parteiübergreifend nach vorne gebracht werden soll". Und dieser Linie schlossen sich auch grundsätzlich alle Ländervertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit an. "Wenn das Angebot der Bundesregierung ernst gemeint ist, dann werden wir am Ende einen Konsens miteinander erzielen", sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Allerdings gebe es noch "einige offene Punkte".
Schneller mehr Ökostrom
Die SPD-Politikerin kritisierte erneut die Pläne der Regierung, ein altes Atomkraftwerk als "Kaltreserve" in Bereitschaft zu halten. Zudem verlangte sie mehr Förderung für die Kraft-Wärme-Kopplung und ehrgeizigere Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien. Der von der Regierung angestrebte Anteil von 35 Prozent bis 2020 reiche nicht. Die Länder streben einen Anteil von 40 Prozent an.
Kraft regte auch eine stärkere Entlastung von energieintensiven Unternehmen von Kosten der Ökostromförderung an. Entnähmen sie ihren Strom zu günstigen Zeiten und entlasteten so das Netz, könnte ihnen auch ein "Bonus" in Aussicht gestellt werden. Darüber hinaus verlangte die Ministerpräsidentin eine Aufstockung der Fördergelder für die energetische Sanierung älterer Gebäude nicht nur auf 1,5, sondern auf 5 Milliarden Euro.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann schloss sich an und mahnte darüber hinaus mehr Anstrengungen zur Energieeinsparung. Der Verbrauch müsse um 20 Prozent reduziert werden, sagte der Grünen-Politiker. Andernfalls seien die Ziele für den Klimaschutz und den Umbau der Energiewirtschaft nicht erreichbar.
Haushaltsrisiken befürchtet
Aber auch die unionsgeführten Länder haben Nachbesserungswünsche. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) forderte "das klare Signal, dass die Länderhaushalte nicht mit Entschädigungspflichten und Haftungsrisiken belastet werden". Sein niedersächsischer Kollege David McAllister (CDU) sagte, beim Ausbau der Stromnetze dürfe es nicht "zu mehr Zentralismus und zu einer Schwächung der Länderkompetenzen" kommen.
Zahlreiche Ländervertreter forderten auch, von den Plänen für eine Kürzung der Fördersätze für Windenergie an Land Abstand zu nehmen. Umweltminister Röttgen und auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hielten dem aber entgegen, dass eine stärkere Förderung der Erneuerbaren auch die Kosten in Höhe trieben. "Jede Ausweitung wird sich am Ende beim Strompreis wiederfinden", sagte Rösler.
Nachrichten zum Thema
- Studie: Atomausstieg keine Gefahr für Wettbewerbsfähigkeit
- 54 Prozent der Deutschen begrüßen den schnellen Atomausstieg
- Merkel: Atomausstieg grenzt an "Quadratur des Kreises"
- Deutscher Atomausstieg stößt auf Kritik in Nachbarländern
- Kabinett beschließt Atomausstieg bis 2022
- Atomausstieg: Vattenfall fordert Entschädigung für Gewinnausfall
- SPD will Atomausstieg im Grundgesetz verankern