Regierungsberater: Laufzeitverlängerung für AKW unnötig
Stand: 05.05.2010
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Berlin - Nach Ansicht von Regierungsberatern ist die von der Regierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke unnötig, um Deutschland bis 2050 komplett mit Strom aus umweltfreundlichen Quellen wie Wind und Sonne zu versorgen. "Deutschland kann im Jahr 2050 zu hundert Prozent klimaschonend mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden." Das erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung für Umweltfragen (SRU), Martin Faulstich, am Mittwoch im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages. Die SRU-Experten präsentierten in dem Gremium Szenarien für eine regenerative Stromversorgung in Deutschland.
Der SRU-Energieexperte Olav Hohmeyer erteilte besonders dem Vorhaben der Bundesregierung aus Union und FDP eine Absage, die Akw-Laufzeiten als "Brücke" in das Zeitalter der erneuerbaren Energien zu verlängern. "Für die Übergangszeit sind weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke erforderlich", erklärte Hohmeyer. "Die Brücke zu den erneuerbaren Energien steht bereits." Laut SRU ist die komplette Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen bis 2050 zu wettbewerbsfähigen Kosten möglich. Dabei sei die Versorgungssicherheit "zu jeder Stunde des Jahres gewährleistet".
Die Experten stützen ihre Szenarien auf Modellberechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und gehen davon aus, dass in Europa das nutzbare Potenzial an erneuerbaren Energien "den heutigen und auch den zukünftigen Strombedarf um ein Vielfaches" übersteigt. Da jedoch das Angebot von Wind- und Sonnenenergie erheblich schwanke, müssten zur Deckung der Nachfrage Speicher und Netze ausgebaut werden. Beispielsweise könnten Wasserkraft- und Pumpspeicheranlagen in Skandinavien genutzt werden, um überschüssigen Strom aus Deutschland aufzunehmen.
Die Sachverständigen erwarten zudem, dass bei einer Umstellung auf Strom aus erneuerbaren Quellen die Kosten für die Verbraucher sinken. Dafür müsse die Politik auf "stringente Effizienz und Einsparung sowie einen europäischen Verbund" setzen. Den Ausbau von Netzen und Speichern innerhalb Deutschlands und in der EU bezeichneten die Experten jedoch als "größte Herausforderung für einen schnellen Übergang zur regenerativen Stromversorgung". Hier müsse "dringend und rasch" gehandelt werden, mahnte der SRU, der die Bundesregierung seit 1971 in der Umweltpolitik berät.
Auch im Zusammenhang mit zukünftigen Kosten und den Schwankungen im Netz warnten die Experten vor deutlich längeren Akw-Laufzeiten: "Die konventionellen Kraftwerke sind auf Dauer nicht mit der erneuerbaren Stromerzeugung vereinbar, da ihre Leistung nicht schnell genug an die Schwankungen der Wind- und Sonnenenergie angepasst werden kann." Ein dauerhaftes Nebeneinander von herkömmlicher und wachsender erneuerbarer Stromerzeugung "würde das System ineffizient und unnötig teuer machen". Die Experten riefen dazu auf, die "anstehende Erneuerung des Kraftwerkparks in Deutschland" für die Umstellung auf erneuerbare Energien zu nutzen.
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