Berlin (AFP) - Stromkunden in Deutschland sollen künftig keine überhöhten Preise mehr zahlen müssen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch ein Gesetz, mit dem das Kartellamt die großen Energiekonzerne zu niedrigeren Preisen zwingen kann, wenn diese zu hoch liegen. Außerdem soll es mit einer neuen Verordnung neuen Anbietern leichter gemacht werden, ihren Strom ins deutsche Netz einzuspeisen. Durch mehr Anbieter sollen die Preise sinken. Die Regeln werde "allen Verbrauchern zu Gute kommen", sagte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in Berlin. Die Strombranche sprach von staatlicher Preiskontrolle und warnte vor Nachteilen für den Wettbewerb.
Das Kartellamt soll laut dem Gesetzentwurf künftig gegen die Stromkonzerne vorgehen können, wenn diese Preise fordern, die "die Kosten in unangemessener Weise überschreiten". Die Unternehmen müssen dann ihre Kalkulation offenlegen und das Gegenteil beweisen. Die Regelung soll nur bis zum Jahr 2012 gelten. Bis dahin, so hofft die Bundesregierung, soll es genügend Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt geben, dass keine Zwangsmaßnahmen mehr nötig sind. Der Bundestag muss dem Gesetz noch zustimmen. Bisher mussten die Stromverbraucher nachweisen, dass
Strompreise zu hoch sind, was meist aussichtslos war. Der Strommarkt in Deutschland ist weitgehend in der Hand der Anbieter Eon, RWE, EnBW und Vattenfall, die nach Meinung von Kritikern zu hohe Preise verlangen.
Mit der so genannten Netzanschlussverordnung sollen künftig mehr Anbieter auf den deutschen
Strommarkt gelockt werden. Ein Unternehmen, das noch in diesem Jahr beantragt, Strom ins deutsche Netz einspeisen, und 2012 ans Netz geht, soll eine Garantie bekommen, dass sein
Strom zehn Jahre lang durch die Leitungen in Deutschland fließen darf. Die wichtigen Stromnetze in Deutschland gehören den vier großen Energieversorgern. Diese dürfen mit der neuen Verordnung niemanden mehr daran hindern, Strom in ihre Netze einzuspeisen. So soll es künftig mehr Anbieter geben, mehr Wettbewerb und damit niedrigere Preise. Der Regelung muss vom Bundesrat zugestimmt werden. Das Wirtschaftsministerium arbeitet zudem derzeit daran, die
Netzbetreiber zu billigeren Preisen zu zwingen.
Bundeswirtschaftsminister Glos sagte vor Journalisten in Berlin, die neuen Regeln stellten "wichtige Weichen für die Sicherung wettbewerbsfähiger Energiepreise in Deutschland". Für neue Anbieter solle es außerdem leichter werden, sich gegen die "Platzhirsche", also die großen Konzerne, zu behaupten. Die Verbraucher könnten nun mit günstigeren Strompreisen rechnen, sagte Glos. Als Wirtschaftsminister stünden die "Verbraucher im Fokus meiner Betrachtungen und Bemühungen", sagte Glos. Ab 2012 solle es in Europa einen gut entwickelten Wettbewerb geben, so dass "einseitige Regelungen" nicht mehr notwendig seien.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) erklärte dagegen, die neuen Regelungen würden "den Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt behindern". Das neue Gesetz bewirke das Gegenteil des Beabsichtigten. Der Strompreis werde sich nicht mehr nach Angebot und Nachfrage an
Strombörse und Großhandelsmarkt orientieren, sondern durch staatliche Preiskontrolle festgelegt, kritisierte der Verband der Strombranche. Verbraucherschützer kritisieren aber seit langem, dass auch die Strombörse in Deutschland schlecht funktioniert, weil die wenigen Anbieter in Deutschland die Strommenge dort künstlich verknappen könnten.