Regierung legt Eckpunkte für Stromnetzausbau vor
Stand: 21.03.2011
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Berlin/Brüssel - Vor dem Hintergrund der Diskussion über einen Atomausstieg und einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien hat Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Montag Eckpunkte für den Stromnetzausbau vorgelegt. Was die Zukunft der Atomkraft in Deutschland angeht, legte sich die Regierung jedoch nicht fest. Unterdessen gab es neue Proteste von Atomkraftgegnern, die Grünen legten ein Konzept für einen Atomausstieg bis 2017 vor.
Brüderle sagte am Rande von Beratungen der EU-Energieminister in Brüssel, für einen ehrgeizigen Ausbau der erneuerbaren Energien würden etwa 3600 Kilometer neue Leitungen benötigt. "Der Netzausbau steht ganz oben auf meiner Agenda", hob er hervor. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte in Berlin "eine Art Mondfahrprogramm" für eine Energiewende.
Das Ausmaß der Aufgabe sei "vergleichbar mit dem Infrastrukturbedarf nach der Wiedervereinigung", heißt es in einem Eckpunktepapier des Wirtschaftsministeriums. Vorgesehen ist demnach ein bundesweit einheitliches Genehmigungsverfahren für Stromtrassen. In einem Bundesnetzplan sollen dafür Korridore ausgewiesen und für Höchstspannungsleitungen reserviert werden. Eine Informationskampagne soll Vorbehalte vor Ort abbauen. Auch den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen sowie von Speicheranlagen will Brüderle vorantreiben.
Atompolitik: noch keine Festlegung
Zur weiteren Zukunft der Atomkraft in Deutschland legte sich die Bundesregierung weiterhin nicht fest. Schlussfolgerungen sollten erst am Ende des von der Regierung unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan beschlossenen dreimonatigen Moratoriums gezogen werden, sagte die Sprecherin des Umweltministeriums. Erst dann soll auch über einen weiteren Betrieb der vorerst abgeschalteten sieben älteren Akw sowie des Pannenreaktors in Krümmel entschieden werden. Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte an, Kriterien für die während des Moratoriums geplanten Sicherheitsüberprüfungen von Akw sollten zügig festgelegt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Dienstag mit den Ministerpräsidenten der Akw-Länder über die Atompolitik. Vor Ostern solle es ein weiteres Treffen mit allen Ministerpräsidenten zum Thema erneuerbare Energien und Netzausbau geben, sagte Merkel in Berlin.
Die Linke warnte die Regierung vor neuer "Kungelei mit der Atomlobby" bei der Sicherheitsüberprüfung. Auch die Grünen drängten auf eine Einbeziehung unabhängiger Experten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte in Berlin, ihre Partei wolle auch die Landtagswahl am Sonntag in Baden-Württemberg zur Volksabstimmung über die Atomkraft machen.
Grüne: Atomausstieg bis 2017
Die Grünen legten ein Konzept vor, dass die Abschaltung des letzten deutschen Atomkraftwerks bis 2017 vorsieht, vier Jahre früher als im früheren rot-grünen Atomkonsens vorgesehen. Demnach soll zunächst allen Altreaktoren die Betriebserlaubnis entzogen werden. Die Laufzeiten für die übrigen Akw sollen später parallel zum forcierten Ausbau erneuerbarer Energien verkürzt werden. Auch die Grünen setzen auf den Ausbau der Energienetze- und speicher, verlangen aber eine Erdverkabelung zumindest in sensiblen Gebieten. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte ein Gesetz zur verbindlichen Laufzeitverkürzung. Atomkraftgegner riefen für den Abend in zahlreichen deutschen Städten zu Mahnwachen auf.