Presseecho zum Fall Meyer/RWE
Stand: 20.12.2004
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Die Affäre um die RWE-Bezüge von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer zieht immer weitere Kreise. Hier eine Auswahl, wie die deutsche Presselandschaft den Fall kommentiert.
Bislang hiess es in Berlin immer: Keine Feier ohne Meyer. Kaum ein gesellschaftliches Ereignis, das der CDU-General ausgelassen, keine Kamera, in die er nicht gelächelt hätte. Jetzt heisst es: Mensch, Meyer! Musste das sein? Dem prominenten CDU-Politiker ist das Lachen vergangen, sein politisches Schicksal hängt am seidenen Faden. Sollten Meldungen zutreffen, wonach der Prediger des engen Gürtels "doppelt und dreifach kassiert“ hat in den vergangenen Jahren, dürfte seine Karriere beendet sein. Denn nichts wirkt schlimmer nach dem Fall Arentz und vor dem Start zu Hartz IV, als vor der Öffentlichkeit abermals die tiefe Kluft zwischen politischem Anspruch und privater Wirklichkeit eingestehen zu müssen. Bereits jetzt ist Laurenz Meyer schwer beschädigt. Selbst wenn sich alle Zahlungen als rechtmässig herausstellen sollten, bleibt neben dem schalen Geschmack ein gravierendes Problem: die Glaubwürdigkeit. Wie soll der Generalsekretär jemals wieder überzeugend Lohnzurückhaltung fordern können? Das weiss die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ebenso wie der Wahlkämpfer Jürgen Rüttgers, der in Nordrhein-Westfalen von einer Baustelle zur nächsten eilen muss. Merkel könnte zum Handeln gezwungen sein. Ansonsten läuft sie Gefahr, selbst angreifbar zu werden.
Stuttgarter Nachrichten
Gerade erst hat die Partei, für die Meyer sprechen soll, eine Wertedebatte ins Leben gerufen. Eine Art neuer Bescheidenheit gehört dazu: "Fort mit dem Anspruchsdenken", wird propagiert. Weniger Privilegien, weniger Habenwollen werden der Wählerschaft angeraten. Von diesen Tugenden ist beim CDU-Generalsekretär wenig zu sehen. Er verkörpert sie nicht, kann sie nicht vertreten, und muss deshalb gehen.
Mitteldeutsche Zeitung
Meyers Glaubwürdigkeit ist dahin. Schlimmeres kann einem Politiker kaum widerfahren. Rechtlich mag ja gegen die Zahlungen, die er vom Stromgiganten RWE erhalten hat, nichts einzuwenden sein. Unter moralischen Gesichtspunkten sind sie zumindest bedenklich. Strompreiserhöhungen dem politischen Gegner in die Schuhe schieben zu wollen und selber verbilligten Strom kassieren, das sind inakzeptable Verrenkungen. Dass Meyer seine Zahlungen aus der Energiebranche verheimlicht und nur scheibchenweise zugibt, ist höchst ärgerlich. Und dumm obendrein. Salamitaktik hat noch keinem geholfen. Und: Anderen Politikern hat Meyer sie immer gerne angekreidet.
Kieler Nachrichten
Noch liegen nicht alle Fakten auf dem Tisch. Noch ist nicht klar, wann, wie viel und in welcher Form Laurenz Meyer Geld von RWE erhalten hat. Aber für die politische Einordnung sind diese Details inzwischen unwichtig: Laurenz Meyer, der in seiner Rolle als Generalsekretär gegenüber dem politischen Gegner immer wieder mit markigen Worten den moralischen Zeigefinger erhoben hat, ist in seinem Amt nicht mehr zu halten. Der Merkel-Vertraute hatte eine Chance, doch die hat er dilettantisch vergeben. Kurz nach Bekanntwerden der Nachricht, er habe - wie Josef Arentz - auf der Zuwendungsliste von RWE gestanden, hätte er mit einem Befreiungsschlag sämtliche Details der Zahlungen nennen müssen. Das erledigen nun die Medien für ihn, und Meyer kann nur noch reagieren. Aus dieser Defensive kommt er nicht mehr heraus.
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