Offshore: Siemens baut neue Fabrik - Branche optimistisch
Stand: 05.08.2015
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Hannover/München - Ist das die langersehnte Wende? Die Windenergie-Branche zwischen Nord- und Ostsee übt sich in vorsichtigem Optimismus. Einen Schub soll die Großinvestition von Siemens in Cuxhaven bringen: Der Elektrokonzern baut mit Millionenaufwand dort ein neues Werk für Offshore-Windturbinen und will 1000 neue Jobs schaffen.
Allein im ersten Halbjahr gingen 422 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1765,3 Megawatt (MW) neu ans Netz, rechnet die Deutsche Windguard vor. Auf See speisten damit Ende Juni inzwischen schon 668 Anlagen mit einer Leistung von 2777,8 MW Strom ein. Europa ist der mit Abstand größte Offshore-Markt der Welt mit gut 8000 Megawatt installierter Leistung.
Windkraft als Jobmotor
Windkraft wurde als Jobmotor der Energiewende angepriesen - denn auf absehbare Zeit dürfte der ausfallende Atomstrom in erster Linie durch Offshore-Wind kompensiert werden. Doch unsichere Rahmenbedingungen hatten die Branche erst einmal ausgebremst; nach dem Anfangsboom der frühen Jahre geriet der Jobmotor damit erst einmal gehörig ins Stottern. Nun nimmt die Offshore-Industrie wieder Fahrt auf - davon ist Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) überzeugt.
Erst vor kurzem hatte er bundesweit für Aufsehen gesorgt, als er mit einer rund 60 000 Euro teuren Anzeige Unternehmer aus Bayern zum Umzug nach Niedersachsen aufgefordert hatte. "Wenn der Strom nicht zu ihnen kommt, kommen Sie doch einfach zum Strom", schrieb er darin. Am Mittwoch konnte er die größte Industrieansiedlung seit Jahren verkünden und das von einem Münchner Großkonzern.
Industrialisierung des Geschäfts
Für Siemens ist der neue Standort ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur kostengünstigeren Produktion. Lange Zeit litt der Elektrokonzern im noch recht jungen Offshore-Geschäft unter Kinderkrankheiten - vor allem Verzögerungen bei der Anbindung von Nordsee-Windparks lasteten schwer auf den Bilanzen. Doch inzwischen geht es voran. Siemens-Chef Joe Kaeser erwartet allein von Juli bis September Windkraft-Bestellungen von fast zwei Milliarden Euro.
Die Kosten für den Bau von Windparks sind bisher zwar immer noch hoch - doch die Münchner arbeiten an der Industrialisierung des Geschäfts. "Die neue Fertigung wird auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, unserem Ziel, Windstrom wettbewerbsfähig zu machen, näher zu kommen", sagt Markus Tacke, Chef der Sparte Windkraft und erneuerbare Energien bei Siemens. Dazu soll auch eine bessere Logistik beitragen: Dank der gut ausgebauten Hafenanlage in Cuxhaven könnten schwere Komponenten direkt auf Transportschiffe geladen werden.
Die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens hatte unter strikter Geheimhaltung mehr als zweieinhalb Jahre über die Großinvestition verhandelt. "Wir haben uns gegen starke europäische Wettbewerber durchgesetzt", sagt Lies, der von einem wichtigen Impuls für die gesamte Branche spricht. Metall-Arbeitgeber hoffen, die Ansiedlung werde weitere Firmen anziehen mit den entsprechenden Effekten auch für die Offshore-Zuliefererindustrie im ganzen Land.
Bessere Rahmenbedingungen für Investoren
An Offshore-Standorten wie Emden retteten sich Unternehmen wie die Nordseewerke erst einmal in die Insolvenz - zuletzt waren in der ehemaligen Werft knapp 200 Mitarbeiter mit Offshore-Zulieferungen beschäftigt. Auch dort wird das "Signal aus Cuxhaven" mit der Hoffnung verknüpft, dass die Siemens-Pläne einen Schub für den Ausbau der gesamten Offshore-Windenergie bedeuten. Denn auch wenn in Emden Fundamente für Windkraftanlagen im Meer gebaut, am geplanten Siemensstandort dagegen Windkraftgeneratoren hergestellt werden: Eine neue Dynamik der Branche könnte auch andere Standorte befeuern.
Als wesentlich dafür werden die neuen besseren Rahmenbedingungen für Investoren gesehen. Nachdem die Bundesregierung vor einem Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeitet und in Kraft gesetzt hat, investierten Unternehmen wieder in Offshore-Windparks. Meinhard Geiken von der IG Metall wertet die Siemens-Pläne daher ebenfalls durchaus positiv. "Ein wichtiges Signal für die Umsetzung der Energiewende und ein klares Zeichen dafür, dass wir es hier mit einer Zukunftsbranche zu tun haben", erklärte er.