Offshore-Ausbau: Netzagentur setzt Tennet unter Druck
Stand: 12.11.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Bonn - Der Netzbetreiber Tennet hat beim Anschluss der Offshore-Windparks mit Kosten in Milliardenhöhe zu kämpfen. Nun hat die Bundesnetzagentur dem Unternehmen die Zertifizierung verweigert. Gleichbedeutend mit einem Betriebsverbot ist das nicht - gleichwohl eine gelbe Karte.
Die Bundesnetzagentur hat dem Netzbetreiber Tennet, der zahlreiche Offshore-Windparks an der Nordsee anbinden soll, die gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung verweigert. Tennet habe die Nachweise über die erforderlichen Finanzmittel für den Netzausbau nicht vorgewiesen, teilte die Behörde am Freitag mit. Dies bedeute kein Betriebsverbot; wenn Tennet weiter arbeite, stelle dies aber eine Ordnungswidrigkeit dar. Dem Unternehmen drohe ein Bußgeld von bis zu einer Million Euro, sagte eine Sprecherin der Netzagentur.
Tennet bedauere die Entscheidung, werde aber den Betrieb nicht einstellen, betonte das Unternehmen. "Die Lichter gehen nicht aus", sagte eine Tennet-Sprecherin. Mit 50 Hertz und Amprion haben zwei andere große Netzbetreiber die Zertifizierung bekommen, die im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschrieben ist.
Geldmangel verzögert den Ausbau
Hintergrund ist der Streit um die milliardenschwere Anbindung der Nordsee-Windparks ans Stromnetz, die erheblich ins Stocken geraten ist. Tennet trägt nach eigenen Angaben den Anschluss und den nötigen Ausbau für zehn Offshore-Projekte mit einer Gesamtkapazität von 5,5 Gigawatt und Kosten von rund sechs Milliarden Euro. Mitte November 2011 hatte das Unternehmen von sich aus erklärt, dass das Ausbautempo wegen Geldmangels nicht zu halten sei. Das Unternehmen forderte bessere Rahmenbedingungen.
Nach einem Gesetzentwurf, der aktuell im parlamentarischen Verfahren ist, sollen die Verbraucher Zusatzkosten für Anschlussprobleme über den Strompreis mitbezahlen. Eine neue Haftungsumlage sieht dabei auf maximal 0,25 Cent je Kilowattstunde gedeckelte Belastungen vor. Der Gesetzentwurf enthält zugleich einen Anteil der Industrie zur Offshore-Haftung bei fahrlässigem Verhalten von bis zu 100 Millionen Euro jährlich. Tennet lehnt diese Pläne ab und argumentiert, sie würden Investoren vergraulen.
In Deutschland sind mit Tennet insgesamt vier Unternehmen für die Übertragung von Strom in Höchstspannung zu den Verbrauchszentren verantwortlich. Die Bundesregierung hatte die Pläne für die Schadenersatzzahlungen als Basis für mehr Investitionssicherheit bezeichnet. Bisher sind erst rund 200 Megawatt Windkraftleistung in Nord- und Ostsee installiert, bis 2020 sollten es 10.000 Megawatt werden. Verschiedene Leitungen werden mangels Geld, Lieferproblemen und fehlender Haftungsregeln nicht verlegt. Der Schwarze Peter wird seit Monaten hin- und hergeschoben.
Nachrichten zum Thema
- Amerikaner wollen Tennet beim Offshore-Ausbau unterstützen
- Netzausbau: Tennet zeigt sich zuversichtlich
- Netzbetreiber Tennet will Offshore-Konflikt schnell lösen
- Offshore-Ausbau: Tennet darf private Investoren ins Boot holen
- Offshore-Anbindung: Missbrauchsverfahren gegen Tennet
- Ringen um die Offshore-Haftung: Wer soll die Zeche zahlen?