Offener Streit zwischen EnBW und Ex-Chef Goll entbrannt
Stand: 27.08.2003
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Karlsruhe (dpa/md) - Zwischen dem Energiekonzern EnBW und seinem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Goll ist ein offener Streit entbrannt.
Die EnBW distanzierte sich in der Stellungnahme "ausdrücklich von unfundierten oder unrichtigen Spekulationen über einzelne Aspekte der vorhandenen Ertragsbelastungen". Keine der Altlasten in der Halbjahresbilanz stehe "in einem logischen oder faktischen Zusammenhang zu den von Gerhard Goll vorgetragenen Kritikpunkten an der EdF".
Goll hatte in einem Interview der "Stuttgarter Zeitung" (Dienstag) gesagt, der französische Stromkonzern habe ihm im Jahr 2000 Geld für die Zukäufe versprochen, die nun die Bilanz der EnBW belasteten. Er sei von den Franzosen seitdem vertröstet worden. "Wenn ich mir heute einen Vorwurf mache, dann den, dass wir uns auf die Zusagen verlassen haben" und "dass ich damals nicht zurückgetreten bin", sagte Goll.
Die EnBW erklärte dagegen: "Es hat kein Gesuch der EnBW an die EdF gegeben, sich an der Finanzierung der Akquisition der Neckarwerke Stuttgart (NWS) zu beteiligen. Die EnBW betrachtet es als eines der grossen Verdienste von Gerhard Goll, den strategischen Partner EdF als Grossaktionär gewonnen zu haben, und bedauert es, wenn dieses Verdienst nun rückwirkend von Goll selbst in Frage gestellt wird."
Seinen seit Anfang Mai amtierenden Nachfolger Utz Claassen hatte Goll indirekt mit der Bemerkung kritisiert, der Karlsruher Konzern sei "im Kern gesund" und habe Potenzial für die Zukunft, "wenn er nicht durch systematisches Schlechtreden an die Wand gefahren wird". Claassen wird vorgehalten, er treibe die Altlasten in die Höhe, um seinen eigenen Sanierungsbeitrag hochzuloben.
Im ersten Halbjahr 2003 bilanzierte der drittgrösste deutsche Stromkonzern einen Verlust vor Steuern von 927 Millionen Euro (Vorjahr: plus 82 Mio Euro). Der Fehlbetrag resultierte im Wesentlichen aus einer Neubewertung der Tochterunternehmen und Beteiligungen - mit entsprechenden Abschreibungen und Massnahmen zur Risikovorsorge. Insgesamt schlugen Altlasten von rund 1,1 Milliarden Euro zu Buche. Für das Gesamtjahr rechnet die EnBW auf Grund der negativen Einmaleffekte mit einem Vorsteuerverlust von rund einer Milliarde Euro.