Offener Brief der Betriebsräte: EnBW-Chef scharf kritisiert
Stand: 31.10.2003
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Karlsruhe (dpa/lsw) - Die Betriebsräte der EnBW AG haben dem Vorstandsvorsitzenden Utz Claassen in einem offenen Brief vorgeworfen, das Unternehmen schlecht zu reden. Der Brief des Arbeitskreises Energie sorgte in den vergangenen Tagen für erhebliche Unruhe im Konzern. Am Freitag trafen sich die Betriebsräte zu einer Aussprache mit Claassen. dpa/lsw dokumentiert Auszüge aus dem Brief:
"Mitarbeiter, Führungskräfte und die Betriebsräte der EnBW machen sich grosse Sorgen um die Zukunft der EnBW. Die Meldungen und Signale von Kunden, aus Kommunen und aus der Landespolitik sind alarmierend:
- Gewerbekunden sollen erklärt haben, dass sie mit einem solchen Unternehmen nichts mehr zu tun haben wollen.
- Nach den Rückmeldungen von NWS-Kunden, die in die EnBW überführt werden, haben viele die Absicht bekundet, nicht zur EnBW zu wechseln.
- Kommunen diskutieren Angebote der EnBW nicht mehr annehmen zu wollen, weil die Kommunalverwaltung das Thema EnBW nicht in den Gemeinderäten haben will.
- Landesregierung und Landtagsfraktionen sind Zitat: "stinksauer" über die Kommunikationspolitik der EnBW.
- Mitarbeiter werden als Mieter abgelehnt, weil sie bei der EnBW arbeiten.
Wir sind beschämt, schockiert und wütend, wie der einstmals gute Ruf der EnBW ruiniert worden ist. Ruiniert durch eine nur auf den Kapitalmarkt zielende Öffentlichkeitsarbeit. Was aber nützt ein gutes Rating, wenn uns die Kunden davon laufen und die bewährte Partnerschaft mit den Kommunen in die Brüche geht.
Wir fordern: Hören Sie auf, die EnBW weiter schlecht zu reden! Beenden Sie die unseriösen Spielereien mit den EnBW-Bilanzzahlen, die nicht nur die Belegschaft verunsichern, sondern in der gesamten Öffentlichkeit verheerende Wirkungen hinterlassen! (...)
Sie haben unsere Erwartungen nicht nur enttäuscht, sondern Sie verbreiten Angst und Schrecken unter Mitarbeitern und Führungskräften! Wir fordern: Kommen Sie endlich im Unternehmen an und übernehmen Sie die Verantwortung für die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter! Vernichten Sie nicht leichtfertig die Existenz vieler tausender Mitarbeiter! Arbeiten Sie mit uns zusammen, anstatt ständig neue teuere Berater ins Haus zu bringen! (...)
Alle Berechnungen, die den Betriebsräten bisher vorgelegt wurden, um die Notwendigkeit des Kostensenkungsprogramms in der von Ihnen geforderten Höhe nachzuweisen, halten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Dies gilt in noch stärkerem Masse für die geforderte Höhe des Personalbeitrags. Es sieht für uns so aus, als seien die 350 Millionen Euro Personalbeitrag willkürlich festgesetzt worden. (...)"