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Oettinger: Verbraucher Europas müssen mehr für Strom zahlen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Brüssel - Die Verbraucher in Europa müssen vermutlich für die nächsten Jahre und Jahrzehnte mit stetigen Strompreiserhöhungen rechnen. Diese Einschätzung hat Günther Oettinger, Energiekommissar der Europäischen Union, am Donnerstag bei der Präsentation des "Energiefahrplans 2050" in Brüssel gegeben. Laut Oettinger werden die Preise voraussichtlich bis 2030 steigen - erst danach könnten sie wieder sinken oder zumindest stabil bleiben.

Grund dafür seien die milliardenschweren Investitionen, die man für die Energiewende benötige - und die die Energiekonzerne häufig auf die Verbraucher abwälzen. Nach 2030 könnten die Investitionen dann die Kosten senken und Geld sparen.

Die EU hat sich das Ziel gesetzt, den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) bis 2050 um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. In der "Roadmap 2050" beschreibt die EU-Kommission fünf Zukunftsszenarien, wie eine fast "kohlenstofffreie" Welt erreicht werden kann, ohne die Versorgung zu gefährden. Oettinger nannte als Ziel: "Versorgungssicherheit halten, bezahlbare Energie sicherstellen und ehrgeizige Klimaschutz- und Umweltziele mit beiden vereinbaren."

Über den Vorschlag wird nun im Europaparlament und im Ministerrat diskutiert. Oettinger erwartet bis Sommer 2012 eine Entscheidung.

Das Papier nennt mehrere Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß zu senken, darunter neben Erneuerbaren Energien auch die Kernkraft - ein umstrittenes Thema auf EU-Ebene. In Europa ist es Sache der Mitgliedsstaaten, über den Energiemix und die Nutzung der Energieträger zu entscheiden. Während Frankreich einen großen Teil seines Stroms aus Kernkraft gewinnt, hat Deutschland den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen.

Oettinger wehrte sich gegen die Vorhaltung, dass er die Kernkraft unterstütze. "Den einen bin ich zu kernkraftfreundlich, den anderen bin ich zu kernkraftkritisch", sagte der deutsche Kommissar. "Ich will objektiv sein." Die Kernkraft sei mit dem gesteckten Ziel, 2050 die CO2-Emissionen quasi auf null zu verringern, vereinbar. "Dann wäre es frei in der Entscheidungsgewalt der Mitgliedsstaaten, zur Kernkraft Ja oder Nein zu sagen, zum Bestand Ja oder Nein zu sagen und zum Ausbau oder Neubau Ja oder Nein zu sagen."

Aus dem Europaparlament und von Umweltverbänden kam Kritik. Der SPD-Energieexperte Bernd Lange bemängelte, dass die EU-Kommission eine längere Nutzung der Atomenergie und offenbar verstärkte Atommülllagerung zulassen wolle. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms kritisierte: "Günther Oettinger versucht, den Ladenhüter Atomkraft als kostengünstigen Klimaretter zu verkaufen." Die Umweltschutzorganisation WWF kritisierte, die Kommission überschätze die Kosten erneuerbarer Energien und unterschätze deren Potenzial.