Oettinger: Hohe "politische Kosten" bestimmen Strompreis
Stand: 25.10.2012
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Erfurt/Ettersburg - EU-Energiekommissar Günther Oettinger rechnet in den nächsten Jahren in Deutschland mit einem spürbaren Anstieg der Strompreise allein durch staatliche Umlagen und Steuern. Es müsse mit "politischen Kosten in Höhe von zusätzlich vier bis sechs Cent" pro Kilowattstunde gerechnet werden, sagte er gegenüber der "Thüringer Allgemeinen" (Donnerstag). Allein zur Finanzierung des Netzausbaus würden zusätzlich etwa zwei Cent pro Kilowattstunde gebraucht, für Solarstrom etwa ein Cent.
Deutschland laufe Gefahr, dass der Strompreis Arbeitsplätze in Industrie und Handwerk gefährde und für Haushalte mit geringem Einkommen "kaum mehr bezahlbar wird". Fast die Hälfte des Strompreises sei durch politische Vorgaben geregelt.
Am Rande des Festaktes zur Thüringer Landesverfassung plädierte Oettinger am Donnerstag dafür, die Stromsteuern und -abgaben nicht weiter zu erhöhen. "Auf mittlere Sicht sollten staatliche Abgaben an Bedeutung verlieren, um die Preise trotz nötigem Netzausbau bezahlbar zu halten", sagte der EU-Energiekommissar. Europaweit habe man erkannt, dass die Spitze erreicht sei und Strom nicht mehr teurer werden dürfe. Sonst sei auch die soziale Gerechtigkeit in Gefahr, warnte Oettinger.
Koordinierung zwischen Ländern lässt weiter auf sich warten
Der EU-Kommissar wird an diesem Freitag als Gast bei der Ministerpräsidentenkonferenz auf Schloss Ettersburg bei Weimar erwartet. Die Länderchefs befassen sich mit dem Stand der Energiewende und mit den Konflikten zwischen Bund und Ländern beim Ausbau erneuerbarer Energien. Sie wollen bei ihrem Treffen, das am Donnerstag begann, den Energiegipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel CDU) am 2. November vorbereiten.
Eine koordinierte Planung aller Bundesländer in Sachen Energiewende sei dringend nötig, sagte Oettinger am Donnerstag in Erfurt vor dem Spitzentreffen. Als Ersatz für die Kernenergie seien sowohl zentrale wie auch dezentrale Lösungen nötig. "Wir brauchen Photovoltaikanlagen in Wohngebieten ebenso wie große Windparks in der Nordsee für die energieintensive Industrie", sagte der Energiekommissar.
Problematische Planung da viele Fragezeichen im Raum stehen
"Der Bau von Starkstromtrassen zwischen Nord- und Süddeutschland ist notwendig", sagte der EU-Politiker. "Solange unklar ist, welches Land wie viel Strom aus den verschiedenen Energiequellen beziehen will, ist die Planung jedoch problematisch." Auch, wenn die Energiewende ein deutsches Projekt sei, müsse es in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn angegangen werden. "Spätestens bei der Stromspeicherung sind wir auch auf Kapazitäten in Pumpspeicherwerken in Norwegen, Österreich und der Schweiz angewiesen", sagte Oettinger.
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