Ökostrom: Im Harz soll unterirdisches Pumpspeicherwerk entstehen
Stand: 16.05.2011
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Bad Grund/Clausthal - Derzeit sind die Eingänge zum Schacht Wiemannsbucht in Bad Grund noch mit schweren Betonplomben verschlossen. Doch Wissenschaftler sehen in dem stillgelegten Bergwerk im Harz die Chance für ein weltweit einmaliges Vorhaben: Sie planen ein unterirdisches Pumpspeicherwerk, das Strom aus Windkraftanlagen speichern kann. Für das 150 bis 200 Millionen Euro teure Vorhaben werden zurzeit Geldgeber gesucht.
Eine Potenzialstudie des Energieforschungszentrums Niedersachsen (EFZN) lotete die Möglichkeiten für das gigantische Projekt aus. Das Ergebnis: "Der Harz ist eine der hervorragendsten Gegenden, in denen ein unterirdisches Pumpspeicherwerk möglich ist", sagt der Wirtschaftsingenieur Marko Schmidt vom EFZN. Schmidt hat die Möglichkeiten für den Bau und Betrieb des Pumpspeicherwerks mit untersucht und betreut das Projekt als Koordinator.
Oberirdische Pumpspeicherwerke gibt es bereits. Sie verfügen über zwei Wasserbecken, ein oberes und ein unteres. Wenn genügend Strom vorhanden ist, wird Wasser vom Unterbecken in das Oberbecken gepumpt. Wird dringend Strom benötigt, wird Wasser aus dem Oberbecken abgelassen und in Wasserturbinen geleitet, die Strom produzieren. So können Engpässe im Energienetz für einige Stunden überbrückt werden.
Höhenunterschied unter Tage soll genutzt werden
Im Harz soll der Höhenunterschied der alten Stollengänge in den Bergwerken für das Wirkprinzip des Pumpspeicherwerks genutzt werden. Ober- und Unterbecken sollen in Form riesiger Röhren, angeordnet wie Fischgräten, gebaut werden.
Für Schmidt ist der Bau eines unterirdischen Pumpspeicherwerks schon deshalb überzeugend, weil das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird. Mit Bürgerprotesten wie andernorts gegen Windkraftanlagen oder oberirdische Starkstromleitungen rechnet er nicht. Auch eine Gefahr für die Bevölkerung durch Giftstoffe sei nach dem bisherigen Wissensstand völlig ausgeschlossen, sagt er.
Zwar ist das Sickerwasser im Bergwerk, das für die Befüllung der Becken verwendet werden soll, wegen des früheren Erzabbaus mit Schwermetallen belastet. Aber eine Wasseraufbereitungsanlage soll die Verbreitung der Schwermetalle verhindern.
Gebirge im Harz standfest
Solch eine Anlage wäre ohnehin ein großer Fortschritt für die Region, sagt Schmidt. Derzeit würden die teilweise vor mehr als 100 Jahren geschlossenen Bergwerke über sogenannte Wasserlösungsstollen entwässert und das belastete Wasser gelange teilweise ungefiltert in die Umwelt. Lediglich am Goslarer Rammelsberg sei eine Wasserreinigungsanlage installiert. Sie soll als Vorbild dienen.
Ein "Absaufen" des Pumpspeicherwerkes wie etwa beim Atommülllager Asse, das in einem früheren Salzbergwerk eingerichtet wurde, sei ausgeschlossen, sagt Schmidt. "Das Gebirge im Harz ist sehr standfest, die Stollen und Schächte stehen teilweise seit Jahrhunderten unverändert", erzählt er.
Das unterirdische Pumpspeicherwerk ist aus Sicht der Planer die derzeit umweltverträglichste und beste Lösung, um die dringend benötigten Speicher für regenerative Energien auszubauen. Die Diskussion um eine Energiewende nach der Atom-Katastrophe in Fukushima gebe dem Projekt spürbaren Aufwind.
Politik verfolgt Planungen interessiert
Die Politik hält sich dagegen mit Begeisterungsstürmen noch zurück. Die niedersächsische Landesregierung hat die Planung unterstützt und verfolgt das Projekt mit "Interesse und Spannung", wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagt. Jubeln könne man aber erst, wenn ein Investor gefunden sei und der Bau beginne.
Der Braunschweiger Wissenschaftler Wolf-Rüdiger Canders glaubt an den Erfolg der Idee. Dass sich tatsächlich Investoren für den Bau der Pilotanlage finden lassen, sei "nicht unrealistisch", sagt er. Die Ausnutzung des Höhenunterschiedes unter Tage für den Betrieb des Speicherwerks sei besonders reizvoll, dadurch spare man eine Menge Kosten.
Nun komme es darauf an, die politischen Randbedingungen für den Betrieb des unterirdischen Werks zu schaffen. "Wenn wir unsere Stromversorgung wirklich aus regenerativen Quellen sicherstellen wollen, dann brauchen wir alle Speichermöglichkeiten, die wir uns nur erträumen können", sagt der Professor für elektrische Maschinen an der TU Braunschweig.