Pressemitteilung Öko-Institut e.V. - Der Absatz an Ökostrom in Deutschland ist im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr erheblich gewachsen, so lautet das Ergebnis von Berechnungen des Vereins EnergieVision auf der Grundlage einer aktuellen Markterhebung der Fachzeitschrift "Energie & Management". Noch stärker ist die Dynamik im laufenden Jahr 2008. Betrug der Ökostromabsatz im Bereich von Haushaltskunden im Jahr 2007 rund 2,8 Milliarden Kilowattstunden, ist für das Jahr 2008 mit mehr als einer Verdopplung des Absatzes auf rund 6,1 Milliarden Kilowattstunden zu rechnen.
Zum Vergleich: Alle deutschen Privathaushalte verbrauchen pro Jahr etwa 140 Milliarden Kilowattstunden. "Nach Jahren der Stagnation beginnt der Ökostrommarkt aus dem Nischendasein herauszutreten und zu einem relevanten Wettbewerbsfaktor zu werden", sagt Helmfried Meinel, Vorstandsmitglied des EnergieVision e.V.. Der Verein wird gemeinsam vom Öko-Institut, der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und der Umweltstiftung WWF Deutschland getragen.
Seit dem Jahr 2001 vergibt EnergieVision e.V. das Gütesiegel "ok- power". Derzeit sind 17 Produkte von 14 Anbietern mit diesem Label ausgezeichnet. Sie alle tragen zum Ausbau der
erneuerbaren Energien bei und sind uneingeschränkt empfehlenswert. Erfreulich: Der Marktanteil von Ökostrom mit dem ok-power-Standard ist auf Basis eigener Berechnungen bei Privathaushalten von 26 Prozent im Jahr 2006 auf etwa 33 Prozent im Jahr 2007 gestiegen. Nach Abschätzungen des Energie-Vision e.V. aufgrund der im Jahr 2008 zertifizierten Strommenge und aufgrund der Marktbeobachtung wird der Ökostrom-Anteil in ok-power-Qualität im Jahr 2008 auf etwa 40 Prozent anwachsen, obwohl in diesem Jahr einige Stadtwerke ihre Kunden standardmäßig auf
Ökostrom aus alter Wasserkraft und ohne Umweltnutzen umgestellt haben.
Es zeigt sich offenbar, dass die Anbieter glaubwürdiger Ökostromprodukte deutlich größere Marktchancen haben als Trittbrettfahrer, die das gute Image des Ökostroms ausnutzen, die Verbrauchererwartungen jedoch letztlich enttäuschen.
Denn: Das positive Bild hat sich in den vergangenen Monaten getrübt und Ökostrom in Misskredit gebracht. Zahlreiche Stromversorgungsunternehmen bieten Ökostrom an, der aus alten, längst bestehenden und abgeschriebenen
Wasserkraftanlagen stammt. Die Standorte solcher alter Anlagen befinden sich in Deutschland, aber auch in europäischen Ländern mit hohen Wasserkraftanteilen wie Österreich, Schweiz oder Norwegen. Bezieht ein Kunde diesen Strom, leistet er derzeit keinen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien, da damit kein Impuls für den Bau neuer Kraftwerke verbunden ist. Ein solches Vorgehen ist in der Öffentlichkeit zu Recht als "Grünstromwäsche" in Verruf gekommen. "Grünstromwäsche", also die reine Umverteilung bestehender erneuerbarer Stromerzeugung zu Lasten uninformierter Verbraucher, wird dann zu einem besonderen Problem, wenn Stadtwerke ihre Bestandskunden auf derart konzipierten Ökostrom umstellen, ihnen dabei jedoch suggerieren, etwas für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu tun.
Nach Ansicht des Energie-Vision e.V. tragen nur solche Ökostromangebote wirksam zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei, die in einem ausreichenden Umfang
Strom aus neuen Anlagen verwenden, nachzuweisen über die externe Überwachung der Einhaltung von extern formulierten Mindeststandards. Dies ist beim ok-power-Standard des Energie-Vision e.V. gegeben. "Zu empfehlen sind nur solche Stromangebote, die den Bau neuer Kraftwerke zur Nutzung erneuerbarer Energien und der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung wirksam fördern", betont Helmfried Meinel. Durch die neuen Anlagen wird fossile und atomare Stromerzeugung verdrängt und somit ein Beitrag zu Klimaschutz und Versorgungssicherheit geleistet. Andere Produkte, bei denen Kunden lediglich aus bereits bestehenden Anlagen beliefert werden, haben dagegen keinen Nutzen für die Umwelt und stehen im Widerspruch zu den Erwartungen vieler Verbraucher. Helmfried Meinel:
"Verbraucher wollen einen eigenen Beitrag zum klimafreundlichen Umbau der Stromerzeugung leisten, indem sie einen von Nachfrage und Marktkräften getriebenen Ausbau der erneuerbaren Energieträger voranbringen."
Nach Ansicht der Energieexperten ist es verstärkt erforderlich, "guten Ökostrom", der einen dezidierten Beitrag zum marktgetriebenen Ausbau der erneuerbaren Energien anhand fest vorgegebener Kriterien leistet, von "schlechtem Ökostrom" abzugrenzen, dessen Bezug zu einer reinen Umverteilung ohnehin bestehender Kapazitäten führt. In diesem Zusammenhang begrüßt es der EnergieVision e.V., dass das Umweltbundesamt einen erneuten Anlauf unternimmt, einen "Blauen Engel Ökostrom" ins Leben zu rufen. Dieser macht allerdings nur dann einen Sinn, wenn er anspruchsvolle Kriterien hinsichtlich Ausbauwirkung und ökologischer Anforderungen formuliert und wenn damit eine zuverlässige, jährliche Bilanzierung und Kontrolle der Einhaltung der Vergabevorschriften implementiert wird.