Neue Schwierigkeiten in AKW Fukushima
Stand: 20.06.2011
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Tokio/Wien - Bei den Arbeiten in der Atomruine Fukushima gab es 100 Tage nach dem Beginn der Katastrophe erneut Schwierigkeiten. Unterdessen sprachen sich in einer Umfrage der Zeitung "Tokyo Shimbun" vom Sonntag über 80 Prozent der rund 1800 Befragten für eine sofortige oder schrittweise Abschaltung der 54 japanischen Atomkraftwerke aus. Die Regierung Japans drang jedoch darauf, die zur Inspektion abgeschalteten Atommeiler wieder hochzufahren, denn sonst drohten im Sommer Engpässe, wenn die Klimaanlagen wieder viel Strom benötigen.
Die Reparaturtrupps in der Atomruine Fukushima ließen am Sonntag Luft aus einem der beschädigten Reaktoren frei. Das solle die auf 99 Prozent gestiegene Luftfeuchtigkeit senken, damit die Männer im verstrahlten Gebäude arbeiten können, gab der Betreiber Tepco laut japanischen Nachrichtenagenturen bekannt. Der Konzern versicherte, es gebe keine Auswirkungen auf die Umwelt. Dagegen könne es sein, dass stark strahlende Geräte, die aus dem stillgelegten Reaktor 4 entfernt wurden und in Wasser lagern, teilweise frei liegen und Radioaktivität in die Luft absondern.
Tepco begann die Doppeltür des Reaktorgebäudes 2 um 20.00 Uhr Ortszeit ganz langsam und schrittweise zu öffnen. Der Vorgang sei auf acht Stunden angelegt, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Dies solle verhindern, dass kontaminierter Staub aufgewirbelt wird. Danach solle mit dem Einleiten von Stickstoff in das Reaktorgebäude begonnen werden, um eine Wasserstoffexplosion zu vermeiden. Zudem sollten Messgeräte neu justiert werden, hieß es.
Am Samstag, dem 100. Tag nach dem Erdbeben und Tsunami, hatten Tausende Menschen entlang der Pazifikküste der Katastrophenregion an Seelenmessen für die Opfer teilgenommen. Mehr als 15.400 Leichen wurden geborgen, mehr als 7700 Menschen gelten weiter als vermisst.
Dekontaminierungsanlage macht Probleme
Unterdessen kämpften die Reparaturtrupps im Atomkraftwerk Fukushima, wo nach dem Erdbeben und Tsunami vom 11. März eine Kernschmelze begann, mit Problemen an einer neuen Dekontaminierungsanlage. Die Inbetriebnahme des Systems zur Reinigung hochgradig verseuchten Wassers musste am Samstag unterbrochen werden, wie die Betreibergesellschaft Tepco mitteilte.
Statt immer neues Wasser in das Atomruine zu pumpen, soll das verseuchte Wasser recycelt und zur weiteren Kühlung verwendet werden. Die Brühe behindert eine Reparatur der zerstörten Kühlsysteme. In einem Teil des neuen Systems, das Cäsium absorbieren soll, seien die Strahlenwerte schneller auf die Höchstgrenze gestiegen als gedacht.
Die Komponente müsse nun zunächst ausgetauscht werden, teilte Tepco mit. Die Anlage könne frühestens an diesem Montag wieder eingeschaltet werden. Eigentlich war Tepco davon ausgegangen, dass die betroffene Komponente nur einmal im Monat ausgewechselt werden muss. Die Anlage war erst am Freitagabend in Betrieb gegangen.
Wiederanfahren von japanischen Reaktoren
Unterdessen bat Industrieminister Banri Kaieda die Anwohner anderer Atomkraftwerke, die derzeit zu routinemäßigen Inspektionen heruntergefahren sind, deren Wiederinbetriebnahme zuzustimmen. Er begründete dies mit einem drohenden Energieengpass in den Sommermonaten, wenn die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. Es seien "angemessene" Sofortmaßnahmen für schwere Unfälle getroffen worden, versicherte der Minister laut der Nachrichtenagentur Kyodo.
Auch der unter Rücktrittsdruck stehende Premier Naoto Kan verlangte ein Wiederanfahren der Reaktoren. Wenn alle Meiler im Land stilllägen, hätte dies enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft Japans. Die betroffenen lokalen Behörden zögern jedoch. Sie wollen erstmal die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen in jedem einzelnen Kraftwerk gründlich überprüfen.