Netzgebühr-Befreiung: Regierung gibt sich großzügig
Stand: 13.04.2012
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Berlin - Unternehmen, die sehr viel Strom verbrauchen, können sich von der Netzgebühr befreien lassen. Von dieser Möglichkeit machen bereits hunderte Betriebe Gebrauch und belasten somit die privaten Verbraucher zusätzlich. Die Summe beläuft sich inzwischen auf über 211 Millionen Euro.
Hunderte Unternehmen in Deutschland wollen sich von der Gebühr für den Stromtransport befreien lassen. Nach 23 genehmigten Anträgen 2010 sind von den für 2011 gestellten 281 Anträgen bereits 62 bewilligt, wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht. Für 2012 wurden demnach bereits weitere 47 Anträge gestellt. Die Befreiungen für die Konzerne geht zulasten der Privatverbraucher und kleinen Betriebe - denn das Geld, das die großen Verbraucher einsparen, wird auf die kleinen Kunden umgelegt.
Mehrkosten für kleine Privatverbraucher
Die deutliche Zunahme der Befreiungsanträge geht auf eine Änderung der sogenannten Stromnetz-Entgeltverordnung (StromNEV) zurück. Die Bundesregierung hatte im Zuge der Energiewende in Deutschland die Hürden für die Befreiung von Strom-Großkunden gesenkt. Unternehmen, die mehr als zehn Gigawattstunden Strom pro Jahr verbrauchen und mindestens 7000 Stunden jährlich die volle Leistung beziehen, müssen demnach kein Geld mehr für den Stromtransport der Übertragungsnetz-Betreiber zahlen. Bisher mussten alle Unternehmen die Netzgebühr zahlen, zum Teil schon zu einem vergünstigten Satz.
Der neuerliche Preisnachlass für Großverbraucher wird über eine Umlage finanziert. Die Bundesnetzagentur hat diese für das laufende Jahr auf netto 0,151 Cent pro Kilowattstunde Strom festgesetzt, inklusive Mehrwertsteuer macht das einen Zusatzbeitrag von 0,18 Cent je Kilowattstunde Strom. Für eine Familie mit einem jährlichen Verbrauch von 4000 Kilowattstunden Strom bedeutet das Mehrkosten von 7,20 Euro im Jahr.
"Immer mehr Unternehmen riechen den Braten"
Die Nutznießer der neuen Regelung, die befreiten Betriebe, sparen derweil schon kräftig. Den Unterlagen des Wirtschaftsministeriums zufolge werden allein die Betriebe, deren Antrag bereits bewilligt ist, für 2011 schon um über 121 Millionen Euro entlastet. Eine belastbare Abschätzung der endgültigen Summe sei noch nicht möglich, da über viele Anträge noch nicht entschieden sei, schreibt das Ministerium unter Berufung auf die Bundesnetzagentur.
"Die Befreiung der Höchstverbraucher ist noch großzügiger ausgefallen als befürchtet", kritisierte die Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen-Fraktion im Bundestag, Ingrid Nestle. Immer mehr Unternehmen würden den Braten nun riechen: "Die Zahl der Anträge und damit die drohenden Kosten für uns Verbraucher steigt für 2012 nochmal deutlich an", warnte Nestle. Zum Energiesparen hingegen verleite die Regelung die Betriebe gerade nicht.