Negativpreis "Verschlossene Auster" an Atomkonzerne verliehen
Stand: 04.07.2011
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Hamburg - Die vier großen Atomkonzerne in Deutschland wurden für ihre Pressearbeit mit dem Negativpreis "Verschlossene Auster" ausgezeichnet. Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche überreichte den Preis am Samstag in Hamburg an Vertreter der Konzerne RWE, EnBW, Vattenfall und E.ON. "Sie haben beschönigt, beeinflusst und verheimlicht", begründete die Jury bei der 10. Jahrestagung von Netzwerk Recherche am Samstag in Hamburg vor 750 Journalisten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich ihre Wahl.
"Der Preis wurde bisher immer verliehen für schlechte Kommunikation, er wurde verliehen dafür, dass der Öffentlichkeit nichts oder wenig gesagt wurde", sagte Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung", in seiner Festrede. Diesen Vorwurf könne man der Atomindustrie mit ihrer "exzessiven" Lobbyarbeit nicht machen: "Die Atomindustrie kommuniziert wie der Teufel."
E.ON-Kommunikationschef Guido Knott nahm das zum Anlass, die Grundlage der Verleihung anzuzweifeln: "Offenbar sollten wir den Preis auf Teufel komm raus erhalten", monierte er. Daher habe die Jury einfach alle bisherigen Vergabekriterien über Bord geworfen. "Ich nehme den Preis entgegen - ich nehme ihn jedoch nicht an", betonte Knott und fragte: "Ist es wirklich ein kommunikatives Vergehen, wenn wir unsere Positionen vertreten?" Nun müssten die Konzerne den deutschen Atomausstieg akzeptieren: "Dass wir mit der Kommunikation letztendlich nichts erreicht haben, ist leider Tatsache."
"SZ"-Journalist Prantl betonte, die Atomkonzerne würden ausgezeichnet für gefährliche, einseitige, marktmächtige Information, für Verharmlosung von Gefahren und für exzessiven Lobbyismus. "Die Atomindustrie schreibt mehr Pressemitteilungen als ein Birkenbaum Blätter hat", sagte Prantl.
Mit massiver Lobby-Arbeit hätten die Konzerne über Jahre Atomkraft als sichere und saubere Chance zur Energieversorgung angepriesen, heißt es in der Begründung von Netzwerk Recherche weiter. Sie hätten die Wahrheit in ihrem Sinne verdreht, Politik massiv unter Druck gesetzt und die Gefahr von Atomkraft gegenüber der Öffentlichkeit unter dem Deckmäntelchen des Klimaschutzes heruntergespielt.
In Vorjahren ging die "Verschlossene Auster" unter anderem an den damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn, das Internationale Olympische Komitee, den Bundesverband der Banken und an die Katholische Kirche.