Köln (dpa) - Der große Stromausfall am Samstagabend hat eine heftige Debatte über den Zustand des deutschen Stromnetzes ausgelöst. Politiker forderten mehr Investitionen in die Stromnetze und eine europäische Aufsichtsbehörde. Die Bonner Bundesnetzagentur arbeitete bei der Ursachenforschung mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten zusammen. Überprüft werde die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, berichtete eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.
Der Bund der Energieverbraucher warf den Stromerzeugern vor, die
Stromnetze völlig zu vernachlässigen und sich das Geld der Verbraucher in die eigene Tasche zu stecken. "Das Stromnetz ist marode", sagte der Verbandschef Aribert Peters am Montag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Köln. "Wir fallen auf den Stand eines Entwicklungslandes zurück, wenn wir so weitermachen."
Klaus-Dieter Maubach, Vorstandsmitglied des
Energiekonzerns E.ON, versicherte dagegen im ZDF-Morgenmagazin: "Die Netze sind in einem guten Zustand, die Netze werden ständig gewartet, wir investieren in diese Netze." Nach den Worten von Maubach lag der Ausgangspunkt des Stromausfalls bei der Abschaltung einer Hochspannungsleitung im Emsland. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass ein Kreuzfahrtschiff gefahrlos unter der Leitung herfahren konnte.
Der Energieversorger
RWE war nach eigenen Angaben nicht an der Ursache der Stromausfälle beteiligt. "Es war offenbar ein Fehler im norddeutschen Netzgebiet der
E.ON, von dem letztlich auch mehr als eine Million RWE-Kunden betroffen waren", sagte der Sprecher der RWE Transportnetz Strom GmbH, Markus Haase, in Dortmund. Allein in Nordrhein-Westfalen waren mehr als eine Million Stromkunden betroffen, vor allem im Ruhrgebiet, im Sauerland und im Raum Köln.
Die Sicherheit des eigenen Netzes bezeichnete der RWE Energy- Sprecher Wolfgang Schley als "gut". "Es wird alles getan, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten", sagte Schley in Dortmund. Christoph Maurer, Oberingenieur am Aachener TH-Institut für elektrische Angaben und Energiewirtschaft, nahm die Stromerzeuger in Schutz. "Unsere Netze sind in keiner Weise marode", sagte er. "Die sind in einem absolut tadellosen Zustand." Die Unsicherheiten für den Netzbetrieb seien zwar gestiegen, aber durch den Stromhandel und durch die Einspeisung von
Windenergie.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie NRW bestritt dies und forderte das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium auf, Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang mit der Windstromeinspeisung zurückzunehmen. Auch Peters vom Bund der Energieverbraucher bezeichnete es als "grotesk", dass die Stromerzeuger die Schuld für den Ausfall nun "der Windenergie in die Schuhe schieben" wollten.