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Nach Störfällen Debatte über Atomgesetz - neue Panne in Brunsbüttel

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Kiel (dpa) - Nach der Pannenserie in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel wird in den zuständigen Ministerien erwogen, die Betreiber durch eine Verschärfung des Atomgesetzes unter Druck zu setzen. Die Ressorts in Berlin und Kiel wollen von den Unternehmen künftig den Nachweis verlangen, dass sie ihre Anlagen zuverlässig sicher betreiben. Bislang muss der Staat selbst den Beweis der Unzuverlässigkeit erbringen, um eine einmal erteilte Lizenz zum Betrieb eines Atomkraftwerkes zurückzuziehen.

Die für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) sagte am Donnerstag in Kiel: "Eine Beweislast-Umkehr, dass die Unternehmen selbst die Sicherheit ihrer Anlagen zu beweisen haben, wäre für die Atomaufsicht ein schärferes Schwert." Darüber sprach Trauernicht in Kiel mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Dieser sagte später, die Option werde geprüft. Allerdings sei es schwer, für so eine Änderung eine politische Mehrheit zu finden.

Das bisherige Gesetz stamme aus einer "Zeit der Euphorie" und setze zu hohe Hürden, sagte Trauernicht. Sie gab im Fachausschuss des Kieker Landtags einen Bericht ab, in dem sie dem Betreiber Vattenfall Täuschung der Öffentlichkeit vorwirft. Die Atomaufsicht sieht inzwischen Ansatzpunkte für einen möglichen Lizenz-Entzug, etwa in der "strukturellen Überlastung von verantwortlichem Personal". Laut Atomgesetz gefährden nicht einzelne Störfälle, sondern übergreifende, strukturelle Mängel die Zuverlässigkeit, die entscheidend ist.

Vattenfall Europe wies am Abend Vorwürfe zurück, man habe falsche Informationen über die Vorgänge in Krümmel und Brunsbüttel an die Öffentlichkeit gegeben. "Wir haben zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen informiert", erklärte das Unternehmen. Medien und Öffentlichkeit sei der "aktuelle Kenntnisstand" mitgeteilt worden.

Der Konzern wollte sich zu einer möglichen Änderung des Atomgesetzes nicht äußern. Der kommissarische Chef der Atomsparte, Reinhardt Hassa, sagte: "Das bleibt der Gesetzgebung überlassen." Hassa zeigte sich offen für Vorschläge, in Leitständen von Meilern Video-Überwachung einzurichten, "wenn dies die Rechtslage zulässt". Hassas Vorgänger Bruno Thomauske war Anfang der Woche von seinem Amt enthoben worden. Am Mittwoch war dann auch Vattenfall-Europe-Chef Klaus Rauscher wegen des Umgangs mit den AKW-Pannen zurückgetreten.

Am 28. Juni waren die Meiler Krümmel und Brunsbüttel nach Pannen per Schnellabschaltung vom Netz gegangen. Das AKW Krümmel liefert seitdem keinen Strom. Auslöser des Störfalls war ein noch ungeklärter Trafo-Brand nach einem Kurzschluss. "Die dauerhafte Belastung an der Kapazitätsgrenze könnte eine Ursache sein", sagte Trauernicht.

Aus dem ebenfalls abgeschalteten AKW Brunsbüttel wurde eine neue Panne gemeldet: Kontrollen von Dübelverbindungen im Nachkühlsystem ergaben zu große Bohrungen in Halterungsplatten. Mit ihnen werden Rohrleitungen befestigt. Durch die Leitungen fließt Kühlwasser. Das Kraftwerk bleibt bis zum Abschluss der Prüfungen und der bereits begonnenen Instandsetzungsarbeiten abgeschaltet. Der Reaktor war schon wegen Ölwechsels in einem Transformator seit Mittwoch vom Netz.

Gabriel erneuerte seinen Appell, "ältere und gefährlichere Kernkraftwerke abzuschalten und auf jüngere und sicherheitsoptimierte Meiler zu übertragen". Den Kunden der Konzerne mit alten Anlagen legte er den Wechsel zu anderen Anbietern nahe. Sollten die Energieversorger gefährliche Altmeiler nicht dauerhaft vom Netz nehmen, könnten die Verbraucher "ihre Macht nutzen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitag). "Je mehr Kunden zu Anbietern wechseln, die auf Atomkraft verzichten und den Strom aus erneuerbaren Energien beziehen, desto besser."

Nach Einschätzung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) wären ältere Nuklearanlagen wie Brunsbüttel "heute nicht mehr neu genehmigungsfähig". Der Umweltverband BUND forderte, Vattenfall die Betriebserlaubnis für Brunsbüttel und Krümmel zu entziehen. Dafür müsse auch nicht erst das Atomgesetz geändert werden.

Atomphysiker und d