Nach Sicherheitsgutachten in Biblis prompt erneuter Defekt
Stand: 30.09.2010
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Biblis/Wiesbaden - Im Kernkraftwerk Biblis musste ein fehlerhafter Leistungsschalter ausgetauscht werden. Bei einem Funktionstest des Notschaltsystems im Block A habe der Betreiber, die RWE Power AG, den Schaden festgestellt. Dies teilte das hessische Umweltministerium am Mittwoch in Wiesbaden mit. Erst am Tag zuvor hatte es Berichte über Sicherheitsmängel in Biblis gegeben. Schafre Kritik übten die Fraktionen von Grünen und Linken im Wiesbadener Landtag an Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) wegen ihrer Aussage, das AKW Biblis sei sicher.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Dienstag unter Berufung auf ein bislang unveröffentlichtes Gutachten des Darmstädter Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums berichtet, im Kraftwerk Biblis gebe es mindestens 80 sicherheitstechnisch relevante Defizite. In zahlreichen Punkten entspreche der Anfang der 70er Jahre gebaute Atommeiler nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Die Zeitung schrieb, das Gutachten liste Mängel zum Beispiel im Notstandssystem auf.
Notstrom für Block A funktionierte nicht
Das Notstandssystem war auch der Bereich, der repariert werden musste. Derzeit ist der Block A wegen eines geplanten Wechsels der Brennelemente für einige Wochen abgeschaltet. Nach Angaben des Umweltministeriums bemerkte der Kraftwerksbetreiber RWE Power AG am vergangenen Donnerstag bei einer Funktionsprüfung der Notstandsschaltanlage im Block A, dass der Leistungsschalter fehlerhaft war. Dadurch unterblieb die automatische Umschaltung auf die Spannungsversorgung aus dem Nachbarblock B. Nach dem Austausch des defekten Schalters sei die Prüfung noch am selben Tag erfolgreich wiederholt worden.
Der Vorfall wurde von RWE in die Kategorie N (Normal) eingestuft. Eine abschließende Bewertung des Ereignisses und der Einstufung wird laut Umweltministerium unter Einbeziehung des TÜV Nord vorgenommen.
Opposition will Biblis im Landtag thematisieren
Die Grünen-Fraktion kritisierte, der Zwischenfall zeige, dass die Notstromversorgung des AKW ohne eine externe Notstandswarte nicht gewährleistet sei. Glücklicherweise stehe der Reaktor derzeit still. Bei einem Notfall während des Betriebes hätte der Reaktor A bei diesem Fehler nicht mehr, wie eigentlich nötig, von Block B aus gesteuert werden können. "Dies aber behauptet Atomministerin Puttrich seit ihrem Amtsantritt", rügte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Ursula Hammann. Dieser Vorfall zeige, dass es bei dem Verzicht auf den Bau der Notstandswarte nur um Kostenersparnis gehe und er den Profitinteressen von RWE entgegenstehe.
Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen die Sicherheit und den Zwischenfall im AKW am Donnerstag im Landtag thematisieren. Sie brachten am Mittwoch entsprechende Eilanträge ein. Die Linken bezeichneten die Reaktoren Biblis A und B als "tickende Zeitbomben". Puttrichs Behauptung, das Kraftwerk "sei sicher, stellt die Wahrheit auf den Kopf und verharmlost die Fakten".