Nach Blackout in München: Wie stabil ist das deutsche Stromnetz?
Stand: 16.11.2012
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München/Kassel - Der Stromausfall in München legte am gestrigen Donnerstag Teile der Stadt lahm und sorgt nun für eine Debatte über die Stabilität der Stromversorgung in Deutschland. Nach Einschätzung des Hochspannungsexperten Albert Claudi wird dieser Vorfall kein Einzelfall bleiben.
Die Stromnetze in Deutschland sind nach Ansicht des Hochspannungsexperten Albert Claudi von der Universität Kassel nicht mehr so sicher wie noch vor 10 oder 20 Jahren. "Wir haben heute nicht mehr die Stabilität im Stromnetz", sagte er der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag in München. Es gebe viel mehr Risiken. "Und auf der anderen Seite versuchen die Energieversorger auch, ein bisschen an der Kostenschraube zu drehen." Wartungskosten etwa würden reduziert. "Das versucht man natürlich zu machen, ohne die Zuverlässigkeit zu vernachlässigen, aber das gelingt eben nicht immer", sagte Claudi.
Verglichen mit anderen Ländern habe Deutschland aber noch immer eine der besten und zuverlässigsten Stromversorgungen. Und daran wird seiner Ansicht nach auch die Energiewende nichts ändern. "Meiner Meinung nach ist es technisch kein Problem, das zu beherrschen", sagte Claudi. "Die 5000 Megawatt, die uns durch die Abschaltung der Kernkraftwerke fehlen, die sollten wir locker kompensieren können."
17 Minuten im Jahr keinen Strom
Rein statistisch habe jeder Bundesbürger bis zu 17 Minuten im Jahr keinen Strom. "Auf dem Land passiert es auch häufiger." Das seien aber Ausfälle, die locker zu verkraften seien. "Bis zu ein, zwei Stunden ist für uns ja nicht lebensbedrohlich, das ist unbequem und führt vielleicht auch ein bisschen zu Chaos wie jetzt in München, aber es geht nicht um die Existenz." Kritisch wäre ein Stromausfall von mehreren Tagen im Winter. "Wenn die Notstromaggregate in den Krankenhäusern ausfallen und die Heizungen, dann wäre es bedrohlich." Er glaube allerdings nicht, dass das passiert - "zumindest nicht für eine Vielzahl von Menschen", sagte Claudi. "Toi, toi, toi."
Skeptiker, zu denen er nicht gehöre, gingen davon aus, dass künftig in erster Linie der Süden von Stromausfällen betroffen sein könnte, sagte Claudi. Im Norden gebe es auch wegen der Windenergie mehr Strom, der dann nach Süddeutschland transportiert werden müsse. "Die Gefahr ist, dass Leitungen ausfallen", sagte Claudi, betonte aber gleichzeitig: "Diese Feststellung impliziert natürlich, dass wir neue Leitungen brauchen. Das ist also nicht nur eine technische, sondern eine politische Diskussion."