Mutter Natur ist das beste Kraftwerk - Energiequelle im Erdinnern
Stand: 22.08.2002
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Werne (dpa/lnw) - Auf den ersten Blick sieht das Haus der Familie Fischer nicht ungewöhnlich aus. Eine rot verklinkerte Doppelhaushälfte, dunkelblaue Fensterrahmen, daneben eine Garage. Doch auf den zweiten Blick fällt es auf: Hier fehlt der Schornstein auf dem Dach. Die Fischers heizen nicht mit Gas, Öl oder Kohle, sondern mit Erdwärme. Das Neubaugebiet in Werne-Fürstenhof bei Dortmund ist Deutschlands grösste Wohnsiedlung, in der Heizenergie ausschliesslich durch Wärmepumpen erzeugt wird.
Die Forscher setzen grosse Hoffnungen in die Nutzung der Erdwärme, genannt Geothermie. "Mit der entsprechenden Technologie können wir diese alternative Energie praktisch an jedem Ort der Welt als Wärmelieferant nutzen", sagt Grigory Tomarov, Professor für Elektro- Ingenieurwesen an der Universität Moskau, am Rande einer Fachtagung in Köln.
"Vulkane, Geysire und Thermalquellen lassen uns erahnen, wie heiss unser Planet ist", sagt Tomarov, Spezialist auf dem Fachgebiet Geothermie. Im Innern der Erde herrsche eine Temperatur von 5000 bis 6000 Grad Celsius. In geothermisch aktiven Gegenden liege das glutheisse Magma sehr nah unter der Oberfläche. "Hier treffen wir in 2000 Metern Tiefe auf bis zu 300 Grad Celsius. In speziellen Dampfkraftwerken kann diese Hitze sogar zur Stromerzeugung genutzt werden", erklärt der Ingenieur.
Die so genannte Tiefengeothermie bietet vor allem für Entwicklungs- und Schwellenländer eine Chance, den ständig wachsenden Energiebedarf auf umweltschonende Weise zu decken. "Viele der ärmeren Länder liegen in geothermisch hochaktiven Zonen", erklärt Burkhard Sanner, Geologe an der Universität Giessen und Vorsitzender der Deutschen Geothermischen Vereinigung.
Derzeit seien Länder wie die Philippinen oder Indonesien Vorreiter auf dem Gebiet der Tiefengeothermie. In Kenia sei gerade das erste Erdwärme-Kraftwerk gebaut worden, und in El Salvador würden auf diese Weise bereits 20 Prozent des Strombedarfs gedeckt. "Deutschland sollte sich viel mehr in solchen Projekten engagieren", fordert Sanner. "Die Hauptlieferanten der Technologie sind immer noch Japan und die USA." In einigen Jahren sollen laut Sanner erste Kraftwerke entstehen, die auch ohne natürliche Wasservorräte Strom produzieren. Dabei wird Wasser in die Tiefe geleitet, erhitzt und treibt eine Turbine an.
Man muss sein Haus aber nicht gleich auf einen Vulkan bauen, um von der Geothermie zu profitieren. "An jedem Ort der Welt kann man mit Erdwärme heizen", sagt der russische Experte Tomarov. Denn auch abseits von geothermisch aktiven Regionen sei das Gestein in 2000 Metern Tiefe 70 bis 100 Grad heiss. "Mit einer Wärmesonde kann man kaltes Wasser in die Tiefe führen. Dort erwärmt es sich und kann dann in das Heizungssystem und die Warmwasserbereitung des Gebäudes eingespeist werden", erklärt Tomarov.
So tief mussten die Fischers nicht bohren. "In Werne arbeiten wir mit oberflächennaher Geothermie", sagt der Ingenieur Ulrich Müller, der die Wärmepumpen für das Wohngebiet entwickelt hat. In 80 bis 150 Metern Tiefe treffe man auf Temperaturen von 7 bis 10 Grad Celsius. Das genüge, um im Winter eine Wärmepumpe zu betreiben, bei der Kältemittel verdichtet und damit erwärmt wird, erläutert Sanner. "Eine solche erdgekoppelte Wärmepumpe spart 20 bis 40 Prozent Primärenergie (wie Kohle, Erdöl oder Gas) im Vergleich zur normalen Heizung."
Mit knapp 20 000 Euro sind die Anlagen wesentlich teurer als konventionelle Heizungen. "Aber es gibt ordentliche Zuschüsse vom Land und ausserdem hat sich die Investition nach fünf bis sechs Jahren amortisiert, weil kein fossiler Brennstoff eingekauft werden muss", erklärt Müller. Für Mario Fischer und seine Familie zählt noch ein anderer Grund: "Es ist gut zu wissen, etwas für die Umwelt getan zu haben."
Hintergrundwissen zu Geothermie und Wärmepumpen
In manchen Gebieten ist das Wasser unter der
Erde so he