Ministerium weist Zweifel Seehofers an Stromtrassenbau zurück
Stand: 17.04.2014
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Berlin - In der Debatte um den Bau neuer Stromtrassen hat das Bundeswirtschaftsministerium den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) wegen seines Alleingangs in die Schranken verwiesen. Die von Seehofer in Frage gestellte Stromtrasse zwischen Sachsen-Anhalt und Bayern sei "vom Gesetzgeber als vordringliches Leitungsausbau-Vorhaben" in den Bundesbedarfsplan aufgenommen worden, heißt es in einem AFP am Mittwoch vorliegenden Antwortschreiben des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen.
"Diese Leitung soll zukünftig zur ausreichenden Stromversorgung in Bayern und zur Netzstabilität beitragen", erklärte Uwe Beckmeyer (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, in dem Schreiben. Zudem solle sie Leitungen nach Polen und Tschechien "signifikant entlasten", die von ungeplanten Stromflüssen betroffen seien.
Konkrete Alternativen zum Bau der Leitung von Bad Lauchstädt nach Meitingen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Bayern lägen der Bundesregierung bislang nicht vor, heißt es in dem siebenseitigen Schreiben weiter.
Mehr Windkraftanlagen, doch Kohlestrom bleibt notwendig
Wegen der starken Zunahme von Windkraftanlagen an Land könne der erneuerbare Strom in der betroffenen Region schon jetzt "nicht mehr zu jeder Zeit über das vorhandene Drehstromnetz aufgenommen und übertragen werden", erklärte der Staatssekretär. Diese Entwicklung werde sich eher noch verstärken. Beckmeyer reagierte damit auf das von Seehofer vorgebrachte Argument, die Leitung solle vor allem dem Transport von Braunkohlestrom nach Bayern und ins Ausland dienen.
Auf die Frage der Grünen, ab wann Bayern vollständig auf Importe von Strom und insbesondere von Kohlestrom verzichten könne, erklärte das Ministerium:
"Eine Eigenversorgung Bayerns ist unter den gegebenen rechtlichen, ökonomischen und technischen Rahmenbedingungen weder realistisch noch anzustreben." Auch eine Abschaltung der ostdeutschen Braunkohlekraftwerke in den 15 bis 20 nächsten Jahren werde wegen des gleichzeitig erwarteten Zubaus erneuerbarer Energien "voraussichtlich keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Notwendigkeit des Baus neuer Stromtrassen nach Bayern" haben.
Schallende Ohrfeige für Seehofer?
Oliver Krischer, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion, erklärte, die Antwort der Bundesregierung sei "eine schallende Ohrfeige" für Seehofer. Dieser stelle sich durch die Ablehnung der Ost-Süd-Passage gegen ein Gesetz, das er im Bundesrat selbst beschlossen habe. "Frei von energiepolitischem Sachverstand" wettere Seehofer seit Monaten gegen neue Stromtrassen und gefährde damit "nicht nur die Energiewende, sondern viele deutsche Industriearbeitsplätze", erklärte Krischer.
Seehofer hatte im Februar ein Moratorium für den eigentlich bereits beschlossenen Bau neuer Stromtrassen verlangt. Der Netzausbau gehört zu den in jüngster Zeit am meisten diskutierten Folgen der Energiewende. Unter anderem müssen neue Hochspannungsleitungen gebaut werden, um Windstrom aus dem Norden in den Süden Deutschlands zu bringen. In vielen Gemeinden regt sich Widerstand gegen die Trassen.