Milliardenschwerer Zankapfel - Das Klimaschutzpaket der EU
Stand: 15.10.2008
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Brüssel - Die Europäische Union will im globalen Kampf gegen den Klimawandel eine Vorreiterrolle einnehmen. Das «Klimaschutzpaket» besteht aus mehreren Elementen.
Gesetzespaket
Die EU will ihr Klimaschutzpaket bis Ende des Jahres unter Dach und Fach bringen. Grund: Im Dezember beginnen die internationalen Verhandlungen für ein neues Weltklimaabkommen als Nachfolgerin des Kyoto-Protokolls. Die EU will ambitionierte Klimaziele auf den Verhandlungstisch legen können. Diese vereinbarten die Staats- und Regierungschefs im März 2007 unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft als Teil eines umfassenden Klima- und Energiepakets, bei dem es neben dem Klimaschutz auch um niedrigere Energiepreise und mehr Versorgungssicherheit mit Öl und Gas ging. Jetzt streiten die 27 EU-Staaten und das Europaparlament um Instrumente und Lastenteilung, sprich, welches Land und welcher Industriesektor wieviel beitragen müssen.
Treibhausgase
Die EU will den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) bis zum Jahr 2020 um insgesamt 20 Prozent senken. Falls andere große Wirtschaftsblöcke wie China oder die USA folgen, sollen es sogar 30 Prozent sein. Die EU-Kommission schlägt vor, dass Deutschland seinen Treibhausgas-Ausstoß gegenüber 2005 um 14 Prozent reduziert. Die mittel- und osteuropäischen Staaten wie Polen fordern, den Zusammenbruch ihrer Industrien nach dem Ende des Ostblocks zu berücksichtigen. Denn dadurch verringerte sich der CO2-Ausstoß während der 1990er Jahre teils erheblich, während es jetzt wiederum wirtschaftlichen Aufholbedarf gibt.
Emissionshandel
Besonders umstritten ist der Emissionshandel. Mit der Versteigerung von Verschmutzungsrechten («CO2-Zertifikaten») sollen Verursacher von Treibhausgas-Emissionen zur Kasse gebeten werden. Grundidee ist, dass jeder Betrieb nur so viel CO2 ausstoßen darf, wie er dafür Rechte hat, sonst muss er an einer Börse Rechte von einem sparsameren Betrieb dazukaufen. Das 2005 eingeführte System soll zu schadstoffärmerer Produktion führen. Bislang nehmen nur die Stromproduzenten am EU-Emissionshandel teil. Sie haben ihre Zertifikate weitgehend kostenlos erhalten und sollten durch die Möglichkeit zur CO2-Reduktion ermuntert werden, ungenutzte Zertifikate verkaufen zu können. Da dieses System nicht funktioniert hat, sollen die Zertifikate in der nächsten Handelsrunde von 2012 an versteigert werden. Die Erlöse sollen dem Klimaschutz zugutekommen. Für energieintensive Branchen, die im globalen Wettbewerb stehen, soll es Ausnahmen geben, um Produktionsverlagerungen zu vermeiden. Widerstand regt sich aus Polen, das mehr als 90 Prozent seines Stroms aus Kohle bezieht. Warschau hat Angst, seine Gasimporte erhöhen zu müssen und damit in Abhängigkeit von Russland zu geraten. Deutschland verlangt Ausnahmen für Branchen mit hohem Energiebedarf.
Erneuerbare Energien
Bis 2020 soll 20 Prozent des Energieverbrauchs in der EU aus Erdwärme, Biomasse, Wind-, Wasser-, Gezeiten- und Sonnenkraft sowie Biogas aus Abwässern und Hausmüll stammen. In ihrem Gesetzentwurf sieht die Kommission individuell berechnete Quoten für die einzelnen Mitgliedstaaten vor. Deutschland müsste seinen Anteil von 5,8 Prozent im Jahr 2005 auf 18 Prozent anheben. Der Anteil an Biosprit im Kraftstoffmix soll auf zehn Prozent steigen. Der «Sprit vom Acker» - also aus Raps oder Soja - ist wegen der gestiegenen Nahrungsmittelpreise in die Kritik geraten. Deshalb soll dieses Ziel jetzt auch mit Elektroautos erreicht werden können.
CO2-Ausstoß von Autos
Von 2012 an sollen Neuwagen in der EU fast ein Fünftel weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen als jetzt. Strittig ist insbesondere, wie stark jeder einzelne Autohersteller den Abgas-Ausstoß seiner Fahrzeuge und Flotte senken muss und welche Strafen bei Verstößen gegen die Klimaschutz-Vorgaben drohen. Die Mitgliedstaaten mit starker Autoproduktion - vor allem Deutschland, Frankreich, Italien - versuchen, das Beste für ihre Unternehmen herauszuholen. Die Bundesregierung will die Hersteller großer Autos wie BMW oder Daimler schützen. Frankreich stellt sich schützend vor Kleinwagenbauer wie Peugeot und Renault.