Berlin/Zwickau (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts andauernder Kabinettsquerelen die Klimaschutz-Ziele der Regierung demonstrativ bekräftigt. Sie trat damit Spekulationen entgegen, das zweite Klimaschutz- und Energiepaket stehe nach der Vertagung eines entsprechenden Kabinettsbeschlusses möglicherweise vor dem Aus. Es gehe nur um eine kleine Verschiebung. "Wir werden das Klimapaket dennoch verabschieden", versicherte sie beim sächsischen CDU-Landesparteitag am Samstag in Zwickau. Der Klimaschutz biete einen wichtigen Markt, betonte die Kanzlerin. "Er öffnet uns auf Jahrzehnte erhebliche Exportchancen in den Schwellenländern."
Ursprünglich hatte das Kabinett am Dienstag über den zweiten Teil des Klimaschutz- und Energiepakets der Bundesregierung entscheiden wollen. Dies wurde aber wegen zusätzlichen Beratungsbedarfs über mehrere Maßnahmen auf die Kabinettssitzung am 18. Juni verschoben. Ein erster Teil des Programms war bereits im Dezember beschlossen worden und wird im Bundestag beraten. Ziel ist es, mit rund 30 Einzelmaßnahmen die Kohlendioxid-Emissionen in Deutschland bis 2020 möglichst um 40 Prozent zu senken. \r\n\r\n
\r\n Das zweite Paket umfasst unter anderem Vorschriften für eine bessere
Wärmedämmung in Häusern und den Ausbau von Stromleitungen. Besonders umstritten ist die geplante Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf CO2-Ausstoß, die vor allem bei Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf Bedenken stößt. Die CSU befürchtet, dass durch die Reform vor allem die Besitzer von Altfahrzeugen zur Kasse gebeten werden. \r\n
\r\n Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte am Samstag, in der Koalition gebe es den Willen und die Bereitschaft, sich gemeinsam auf ein weiteres Klimaschutz- und Energiepaket zu verständigen und die beschlossenen Ziele zu erreichen. Dies hätten alle Staatssekretäre sämtlicher Ministerien bei ihrem Treffen am Freitag deutlich gemacht. \r\n
\r\n Der Verband der Automobilindustrie (VDA) forderte eine schnelle Umsetzung der geplanten Kfz-Steuerreform. "Autos, die weniger als 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, das heißt, etwa 4,7 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen, sollten zunächst völlig von der
Kfz-Steuer befreit werden. Nur so erreichen wir den notwendigen Impuls für mehr Klimaschutz", sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann der "Welt am Sonntag". Der Verkehrsexperte der Umweltorganisation BUND, Werner Reh, sagte im selben Blatt, ohne die CO2-Steuern werde das 40- Prozent-Ziel bis 2020 nicht erreicht. "Wir brauchen diese Maßnahme, um die CO2-Belastung nachhaltig zu senken." \r\n
\r\n Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sprach sich für behutsame Übergangsregelungen aus. Die Umstellung der Kfz-Steuer auf eine CO2-Steuer, die künftig der Bund anstelle der Länder erhebt, solle weder auf dem Rücken der Altautobesitzer noch zu Lasten der deutschen Autoindustrie erfolgen, sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. \r\n
\r\n Die Grünen warnten angesichts der regierungsinternen Differenzen vor einer internationalen Blamage. Von den 30 Maßnahmen, die die Regierung vor einem Jahr geplant habe, seien inzwischen mehr als die Hälfte gestrichen, verschoben oder abgeschwächt worden, kritisierte Bundestags-Fraktionsvize Bärbel Höhn in der "Braunschweiger Zeitung" (Samstag). Wirtschaftsminister Glos verhindere eine Maßnahme nach der anderen. "Wir haben den Verdacht, dass er das Klimapaket nicht ernsthaft genug umsetzt, um so die Verlängerung der AKW-Laufzeiten durch die Hintertür vorzubereiten", sagte Höhn.