Merkel besorgt über Verhandlungspoker beim Klimagipfel
Stand: 16.12.2009
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Kopenhagen - Die heiße Phase der Kopenhagener Klimakonferenz beginnt mit vielen Fragezeichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich am Dienstag besorgt über den Verhandlungspoker auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen. "Ich will nicht verhehlen, dass ich schon etwas nervös bin, dass wir das alles schaffen", sagte sie. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warb zur Eröffnung der politischen Phase der Konferenz eindringlich für ein gerechtes, ehrgeiziges und verständliches Klimaschutzabkommen. "Wir haben kein weiteres Jahr zum Überlegen. Die Natur verhandelt nicht", sagte Ban. Unterdessen wurde ein neuer Entwurf für eine Schlusserklärung vorgelegt.
Am Mittwoch werden die Verhandlungen über ein neues Klimaschutzabkommen auf Ministerebene fortgeführt, am Donnerstag treffen mehr als 110 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen ein. Wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mitteilte, stimmten Merkel, US-Präsident Barack Obama, der französische Präsident Nicolas Sarkozy sowie der britische Premier Gordon Brown ihr Vorgehen am Mittag in einer gemeinsamen Videokonferenz ab. Bis Ende der Woche soll ein neues Abkommen stehen.
Die Präsidentin der Konferenz, Connie Hedegaard, warnte am Abend vor einem Scheitern der Verhandlungen. Das Schlüsselwort für die nächsten Tage sei "Kompromiss", sagte Hedegaard. Der Leiter des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, appellierte an die Unterhändler, nationale Interessen zurückzustellen: "Das Ziel ist nicht der Sieg einer Nation über eine andere, einer Gruppe über die andere. Das Ziel ist, Lösungen zu finden anstatt die Probleme fortbestehen zu lassen. Das Ziel ist, eine sicherere Zukunft zu feiern", sagte de Boer.
In einer ersten Reaktion auf den neuen Entwurf für ein Abschlussdokument der Konferenz äußerte die Hilfsorganisation Oxfam deutliche Kritik. Es habe Fortschritte im Detail gegeben, alle wesentlichen Fragen seien jedoch unbeantwortet geblieben, bemängelte Oxfam. "Wie leichtfertige Handwerker, die versuchen, ein Haus zu bauen, bevor sie das Fundament legen, haben die Verhandler zwei Jahre damit verbracht, ein Abkommen ohne jegliche Einigung auf die großen Themen zusammenzustückeln", sagte Jeremy Hobbs von Oxfam International.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte sich zuvor vorsichtig optimistisch über den Verlauf der Beratungen gezeigt. Einerseits werde zwar viel Zeit mit Verfahrensfragen und dem Austausch bereits bekannter Fragen verschwendet, dennoch seien die Beratungen "im Plan", sagte der Minister. Röttgen leitete eine der fünf Arbeitsgruppen, die am Montag nach einer vorübergehenden Blockade der Verhandlungen durch die Entwicklungsländer ins Leben gerufen wurden. Inhalt dieser Gruppe war die Zukunft des Kyoto-Protokolls, dessen Verpflichtungsperiode Ende 2012 ausläuft.
Röttgen machte deutlich, dass das Kyoto-Protokoll nur eine vorübergehende Lösung sein solle und bezeichnete dieses als "Übergang zu einem einheitlichen, rechtlich-verbindlichen, alles umfassenden Regelwerk, das die langfristigen Ziele sicherstellt". Bis 2050 müssten die Emissionen weltweit um die Hälfte reduziert werden, um zu verhindern, dass die Erderwärmung um mehr als zwei Grad ansteige.
Auch Merkel bekräftigte das sogenannte Zwei-Grad-Ziel. Dies sei der entscheidende Maßstab für die Festlegung der Reduktionsziele für Industriestaaten und Schwellenländer bis 2020 und darüber hinaus, sagte die Kanzlerin. Sie hatte sich zuvor mit Vertretern der pazifischen Inselstaaten Kiribati, Marshallinseln, Mikronesien, Palau, Samoa, Tuvalu, Tonga und Vanuatu getroffen. Diese Staaten sind vom Klimawandel besonders betroffen und werben für ein ehrgeiziges Ergebnis des Kopenhagener Gipfels.
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