Merkel auf Energiereise: zusätzliche Abgabe für Atomkonzerne?
Stand: 26.08.2010
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Lingen - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich neben der vorgesehenen Brennelementesteuer für eine weitere Belastung der Atomkonzerne ausgesprochen. Diese Mittel sollten für die erneuerbaren Energien verwendet werden, so die CDU-Chefin am Donnerstag beim Besuch des niedersächsischen Atomkraftwerks Lingen im Rahmen ihrer Energiereise.
Auf die Frage, ob sie für eine zusätzliche Abgabe über die neue Steuer hinaus sei, sagte Merkel: Auf der einen Seite müsse die Haushaltskonsolidierung erreicht werden. Die Regierung habe da bestimmte Abgaben im Auge. "Ich glaube, dass wir darüber hinaus - aber hier verwende ich ausdrücklich nicht das Wort Abgabe - natürlich darüber sprechen müssen, in welcher Weise auch die Energiewirtschaft einen Beitrag für die erneuerbaren Energien leisten kann."
Die Kanzlerin traf dort den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, und E.ON-Chef Johannes Teyssen. "Wir haben ein kurzes Gespräch geführt, darüber, dass wir weiter sprechen werden", sagte Merkel. "Wir haben hier natürlich keine Verhandlungen geführt." Der E.ON-Chef sagte: "Wir hatten wenige Minuten mit ihr und haben sie auf ihrer Lernreise begleitet." Dies sei kein Verhandlungsort.
Ihn der Frage der Laufzeiten hält sich Merkel bei ihrer Kurzvisite zurück. "Jahreszahlen kann und will ich nicht nennen", sagt sie, nachdem sie an der Seite von Umweltminister Norbert Röttgen und RWE-Chef Jürgen Großmann das Kraftwerk besichtigt hat. Die Kanzlerin vermeidet es damit erneut, im auch unionsinternen Streit Partei zu ergreifen: Während Röttgen nur begrenzte Laufzeitverlängerungen von höchstens acht bis zehn Jahren akzeptieren will, dringen Unionsfraktionschef Volker Kauder und andere Politiker von CDU und CSU auf Verlängerungen um bis zu 28 Jahre oder gar ohne Zeitbegrenzung.
Ende September will die Regierung ein Konzept zum künftigen Energiemix vorlegen. Auf ihrer Reise zu insgesamt zehn Energiestandorten in Deutschland will Merkel sich ein eigenes Bild von traditionellen und erneuerbaren Energien machen.
Als "großes Kino" kritisieren die Grünen den Auftritt der Kanzlerin. Ihre Fraktionschefin Renate Künast wirft Merkel vor, mit dem zur Schau getragenen Konflikt mit der Energiewirtschaft und bestellten Gutachten beim industrienahen energiewirtschaftlichen Institut EWI nur verschleiern zu wollen, dass koalitionsintern die Entscheidung für längere Laufzeiten längst gefallen sei. Vor einem "schmutzigen Deal" mit der Industrie warnt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Umweltverbände werfen der Regierung unterdessen vor, das Potenzial erneuerbarer Energien, zu deren Ausbau sich Merkel in Lingen erneut auch bekennt, bewusst herunterzurechnen, um einen Bedarf an Atomstrom nachweisen zu können. Der Herbst dürfte tatsächlich noch heiß werden.