Meist friedliche Proteste gegen bevorstehenden Castortransport
Stand: 14.02.2011
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Berlin/Karlsruhe - Atomgegner haben am Samstag bei einem bundesweiten Aktionstag gegen den Atommülltransport von Karlsruhe nach Vorpommern demonstriert, der am kommenden Mittwoch stattfinden soll. Die Proteste blieben zumeist friedlich. An einer Bahnstrecke nördlich von Berlin konnte ein möglicher Anschlag verhindert werden, die Ermittler schlossen einen Zusammenhang zum anstehenden Transport nicht aus: Nahe Oranienburg waren am Freitag in Kabelschächten auf beiden Seiten der auch von Passagierzügen genutzten Gleise zwei Spreng- und Brandsätze gefunden worden.
Der hoch radioaktive Müll, der ins Zwischenlager bei Lubmin nahe Greifswald rollen soll, stammt aus der fast 20-jährigen Betriebszeit der stillgelegten Karlsruher Wiederaufarbeitungsanlage (WAK). Inhalt der brisanten Fracht sind 56 Tonnen eines Glasgemisches mit hochradioaktiven Resten aus der WAK.
In Greifswald demonstrierten nach Polizeiangaben rund 1.000, laut Veranstaltern 2.000 Menschen gegen den Atomtransport in ihre Region. Auf Plakaten forderten sie den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und einen Verzicht auf Atommülltransporte quer durch Deutschland. Atomkraftgegner fürchten auch, dass Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll aus dem maroden niedersächsischen Lager Asse nach Lubmin gebracht werden könnten. "Betreiber der Asse ist der Bund. Das Zwischenlager in Lubmin gehört ebenfalls dem Bund", sagte Nadja Tegtmeyer vom Anti-Atom-Bündnis Nordost.
Auch am Startpunkt des Transports, in Karlsruhe, protestierten nach Polizeiangaben 250, laut Veranstaltern 400 Demonstranten gegen den aus ihrer Sicht "sinnlosen Atomtourismus" und dessen Gefährlichkeit. Der Atommüll lagere im Nordosten nicht sicherer als in Karlsruhe. Im thüringischen Erfurt kamen etwa 150 Demonstranten zu einer Kundgebung zusammen, in Halle (Sachsen-Anhalt) waren es nach Polizei-Angaben etwa 50. Auch in Hessen gab es kleinere Aktionen.
Die Bundespolizei kontrolliert nach eigenen Angaben verstärkt entlang der möglichen Transportstrecken. "Wir kontrollieren mit Georadar, Wärmebildgeräten, manuell und mit Hubschraubern", sagte Polizeisprecher Matthias Menge am Sonntag.
Im Zusammenhang mit dem Anschlagsversuch auf die Bahnstrecke nördlich Berlins prüft das brandenburgische Landeskriminalamt auch, ob absichtlich durchtrennte Kabel an einer Bahnschranke etwa 1,6 Kilometer entfernt davon auf das Konto derselben Täter geht.
Polizei rechnet mit störungsfreiem Verlauf
Die Polizei verstärkt im Großraum Lubmin nun weiter ihre Präsenz. Bis Dienstag werden in der Region wie bereits im Dezember erneut etwa 2.300 Beamte stationiert, wie der Chef der Polizeidirektion Anklam, Siegfried Bruß, am Montag in Anklam mitteilte. Hinzu kämen rund 4.700 Einsatzkräfte der Bundespolizei, die entlang der gesamten Bahnstrecke von Karlsruhe bis Lubmin eingesetzt würden.
Im Unterschied zum Castor-Transport vor zwei Monaten, als zwei Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood mit einer Ankettaktion vor Lubmin eine sechsstündige Zugblockade durchgesetzt hatten, geht die Polizei diesmal von einem weitgehend störungsfreien Ablauf auf dem letzten Streckenabschnitt vor dem Zwischenlager in Lubmin aus.
Das etwa 20 Kilometer lange Gleisbett sei vollständig mit Georadartechnik auf mögliche Unregelmäßigkeiten wie eingebaute Betonblöcke untersucht worden, sagte der Präsident der Bundespolizei Nord, Joachim Franklin. Dabei seien keine eingebauten Betonstukturen entdeckt worden. Eine längere Blockade durch angekettete Aktivisten könne daher ausgeschlossen werden. Allerdings stelle man sich erneut auf Sitzblockaden durch Atomkraftgegner ein.
Mit einem neuen Verkehrskonzept will die Polizei zudem massiven Behinderungen im öffentlichen Straßenverkehr begegnen. Dazu werden insgesamt 39 zusätzliche Beamte eingesetzt, die die Bevölkerung ständig über aktuelle Straßensperrungen oder zeitweise Einbahnstraßen-Regelungen rund um Lubmin informieren. Insgesamt werden neun polizeiliche Kontrollpunkte in der Region eingerichtet.