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Machtwort der Kanzlerin: Energiewende ist machbar

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Bonn - Die Netze sind zu schwach, der Strom wird zu teuer, irgendwann gehen die Lichter aus - Angela Merkel hat die Schwarzmalerei der Energiewende satt. Auch die Kritiker aus ihrer eigenen Partei sollen Ruhe geben. Die Kanzlerin glaubt, dass die Wende wie geplant zu schaffen ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist das Zweifeln leid. Der Atomausstieg und der dazu notwendige Um- und Ausbau der Stromnetze im Land seien machbar, sagt sie auch mit Blick auf das eigene Lager am Dienstag bei einem Besuch der Bundesnetzagentur in Bonn. Am Atomausstieg bis 2022 wird nicht gerüttelt. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dorthin ist für Merkel der Entwurf des nationalen Netzentwicklungsplanes, den ihr die vier Betreiber der deutschen Stromautobahnen überreichen. Dieser zeigt Merkel die Hausaufgaben beim Ausbau der Trassen für die nächsten zehn Jahre auf.

Herkulesaufgabe mit Überzeugung angehen

Der Plan, der an diesem Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, ist Basis für ein neues Gesetz, das bis Ende des Jahres den bundesweiten Stromnetzbedarf festschreiben soll. Unterstützt wird die Regierungschefin bei ihrem Optimismus in Sachen Energiewende auch von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), die sie zur Bundesnetzagentur begleiten. Zustimmung erhält sie aber auch von den Netzbetreibern.

Die Energiewende sei zwar eine Herkulesaufgabe, sagt der Chef von Tennet, Martin Fuchs. Aber die vier Betreiber der Stromautobahnen seien der Überzeugung: "Wir können das Übertragungsnetz für eine erfolgreiche Energiewende fit machen." Voraussetzung sei der Schulterschluss aller Beteiligten. Netzbetreiber Amprion, den Merkel nachmittags besucht, unterstreicht das mit der Ankündigung, bis 2025 nahezu zehn Milliarden Euro in den Netzausbau investieren zu wollen.

Netzausbau wird Milliarden kosten

Atomkraftwerke produzieren die Energie in der Regel in der Region, wo sie gebraucht wird. Erneuerbare Energie wie etwa Windkraft wird in Deutschland vornehmlich im Norden erzeugt. Sie muss also in den industrialisierten Süden geschafft werden, um Atomkraft zu ersetzen. Durch den Wegfall von 4960 Megawatt Leistung nur in süddeutschen Atomkraftwerken drohen hier ein Engpass und Spannungsprobleme. Gleiches gilt für den Großraum Hamburg, wo drei Meiler stillgelegt wurden. Während es früher nur rund ein Dutzend Eingriffe in den Netzbetrieb gab, steuert diese Zahl nun auf tausend pro Jahr zu. Besonders die Lage im Winter war an einigen Tagen sehr angespannt.

2009 waren im Energieleitungsausbaugesetz 1807 Kilometer als vordringliche Projekte eingestuft worden. "Davon sind erst 214 gebaut und 11 Kilometer in Betrieb genommen", kritisiert der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. Bis Ende 2013 sollen es laut Wirtschaftsminister Rösler 600 Kilometer sein. Der forcierte Ausbau wird Milliarden kosten - schon in diesem Jahr trieben die Netzentgelte den Strompreis - und nicht so sehr die Förderung erneuerbarer Energien. Nun ist auch noch eine Umlage geplant, um endlich See-Windparks schneller an das Netz anschließen zu können.

Positive Beispiele finden kein Gehör

Auch wenn viel gemosert wird: Zuletzt gab es auch positive Nachrichten, etwa für eine Entspannung im Raum Hamburg, wo wegen Industrie und Hafen so viel Energie verbraucht wird wie an nur wenigen Standorten in Deutschland. So soll die Windsammelschiene, mit der Windkraft aus dem Nordosten gebündelt und per Stromautobahn nach Hamburg geschickt wird, nach jahrelangem Stillstand bis Ende des Jahres fertiggestellt werden. Denn inzwischen liegt auch ein Planfeststellungsbeschluss aus Schleswig-Holstein für die 88 Kilometer lange Leitung vor.

Das Beispiel zeigt, dass es nicht immer nur die viel beschworenen Bürgerproteste sind, die bremsen, sondern oft auch unterschiedliche Länderauflagen. Für jeden gefällten Baum macht es Schleswig-Holstein nach Angaben von 50Hertz zur Auflage, dass drei Bäume an anderer Stelle neu gepflanzt werden. Zudem mussten Waldstücke nächtelang erstmal beleuchtet werden, um Fledermäuse zu vertreiben. Und die Umsiedlung von Haselmäusen bremste den Weiterbau zusätzlich.

Zu viel Gerede über große Stromautobahnen

Eine weitere positive Nachricht gibt es von der Trasse, die über den Thüringer Rennsteig Strom in den Süden bringen soll. Wird diese 380-Kilovolt-Stromautobahn nicht rasch fertig, könnte die Abschaltung des bayerischen Kernkraftwerks Grafenrheinfeld 2015 problematisch werden, da hier sonst zu viele Kapazitäten wegfallen könnten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vergangene Woche Anträge auf einen Baustopp zurückgewiesen. Die 210 Kilometer lange Trasse soll Strom vom Umspannwerk Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) zum Umspannwerk Redwitz im Norden Bayerns leiten. Die Gegner befürchten zu starke Eingriffe in die Natur durch die Schneise mit bis zu 100 Meter hohen Masten.

Nach Meinung der Stadtwerke wird ohnehin viel zu sehr über die großen Stromautobahnen geredet. 97 Prozent der erneuerbaren Energien würden auf Verteilnetzebene eingespeist. Diese Netze seien dafür historisch betrachtet nie gedacht und ausgelegt gewesen, betont der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Hans-Joachim Reck. Der Neubau- und Modernisierungsbedarf nur hier belaufe sich auf mehr als 25 Milliarden Euro.