Machbarkeitsstudie: alte Bergwerke als Stromspeicher nutzen
Stand: 02.09.2011
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Goslar - Es ist nicht mehr nur eine Vision: Neue Pumpspeicherkraftwerke in alten Erzbergwerken im Harz könnten in Zukunft als Speicher für Strom aus großen Offshore-Windkraftanlagen an der Küste dienen. Diese unterliegen starken Leistungsschwankungen. Das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Goslar hat diese Idee einer Machbarkeitsstudie unterzogen.
Das Ergebnis: Die Forscher halten ein solches Projekt für realisierbar. Sie empfehlen eine Pilot-Anlage, die bis 2019 im Wiemansschacht im ehemaligen Erzbergwerk Bad Grund im Harz entstehen könnte. "Es wäre das weltweit erste unterirdische Pumpspeicherkraftwerk", sagt Projekt-Koordinator Marko Schmidt.
Oberirdische Anlagen gibt es seit mehr als 100 Jahren, allein in Deutschland sind 31 solcher Kraftwerke in Betrieb. Bei Überschüssen im Netz wird Strom verbraucht und "gespeichert", indem Wasser aus einem tief gelegenen Speichersee in einen höheren See gepumpt wird. Bei Engpässen "fällt" das Wasser abwärts und wird über eine Turbine in Strom zurückverwandelt.
"Weil wir künftig die Windenergie noch stärker nutzen wollen, brauchen wir noch mehr großtechnische Speicherlösungen", sagt Schmidt. Bei den unterirdischen Pumpspeicherwerken würden jedoch keine Speicherseen angelegt, sondern zwei verzweigte, mehrere hundert Meter lange Gangsysteme, in denen das Sickerwasser des Bergwerks gesammelt und zur Stromspeicherung hoch und runter bewegt wird.
In der Studie werden drei alte Erzbergwerksregionen in Deutschland als geeignet für Untertage-Speicher definiert: Neben dem Harz sind das noch das Erzgebirge und das Siegerland. Alte Salz- oder Kohlebergwerke kämen aus technischen Gründen kaum in Betracht, sagt Schmidt. In den drei Regionen gebe es 103 geeignete Schächte, elf davon im Harz. "Für den Wiemannsschacht haben wir ein technisches Konzept durchgerechnet." Bei einer Fallhöhe von 700 Metern und einer Kraftwerksleistung von 100 Megawatt könnte im Normalbetrieb die Bergstadt Bad Grund mit Strom versorgt werden.
Die erforderlichen Investitionen beziffert Schmidt auf bis zu 150 Millionen Euro. Das sei - bezogen auf die installierte Leistung je Kilowatt - nicht viel mehr als bei einer oberirdischen Anlage. Eine Pilotanlage könnte zunächst in der Harz-Region erzeugte Windenergie speichern. Große Speicheranlagen könnten später an eine in Harz-Nähe geplante Hochspannungstrasse angebunden werden, mit der Strom aus Offshore-Anlagen nach Süden transportiert werden soll.
Ein genereller Nachteil von Pumpspeicherkraftwerken: Sie können bisher nur rund 80 Prozent der selbst verbrauchten Energie zurückgewinnen. Die Untertage-Anlagen haben für Schmidt dagegen kaum Umweltfolgen. Er sieht auch keine Probleme für die Trinkwasserversorgung oder Einsturzgefahren - schließlich gebe es die Bergwerke schon seit Jahrhunderten.