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Laufzeiten: Verbände fordern Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Berlin - Anlässlich der „Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung“ ruft der Bundesverband Neuer Energieanbieter (bne) die Politik dazu auf, rechtzeitig genügend gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen. Die Nachteile, die durch eine Laufzeitverlängerung für den Wettbewerb auf dem Erzeugermarkt entstehen, müssten dringend wieder ausgeglichen werden. Spätestens mittelfristig würden finanzielle Belastungen doch auf die Verbraucher abgewälzt werden. Stattdessen müssten die vier großen Erzeuger im Gegenzug für die Laufzeitverlängerung Kraftwerke abgeben.

Eine Laufzeitverlängerung hat massive negative Auswirkungen auf den Wettbewerb im Erzeugungsbereich – das haben unabhängige wissenschaftliche Gutachten der letzten Monate bewiesen. Dass die Regierung den Kernkraftwerksbetreibern dennoch längere Laufzeiten gewähren will, wird immer wahrscheinlicher, auch wenn die Schlussfolgerungen der nun veröffentlichten Szenarien viele Fragen an die Politik zurückspielen. Wichtig ist nach Ansicht des bne die zielgerichtete Kompensation der wettbewerbsschädigenden Effekte einer Laufzeitverlängerung.

„Jetzt müssen Kollateralschäden verhindert werden“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des bne. Von essentieller Bedeutung sei die gesetzliche Verankerung ausreichend gegensteuernder Maßnahmen, betont er. „Durch eine Brennelementesteuer werden die Nachteile der Laufzeitverlängerung für Wettbewerb und Neue Anbieter nicht ausgeglichen.“ Eine strukturelle Gegenleistung des Erzeugeroligopols ist da für Busch wesentlich erfolgversprechender: „Die großen Vier müssen als Gegenleistung für die Laufzeitverlängerung einen Teil ihrer Wasser-, Gas- und Kohlekraftwerke abgeben“, fordert er. „Das wäre eine Initialzündung für den Wettbewerb auf dem Erzeugermarkt.“

Die diskutierte Fondslösung lehnt der bne hingegen strikt ab. „Sie wäre intransparent und im Ergebnis wirkungslos“, so der bne-Geschäftsführer. Insbesondere der Vorschlag, den Beirat eines solchen Fonds mit Vertretern der Kernenergiewirtschaft zu besetzen, zeige was eigentlich gemeint sei: Die Konzerne könnten selbst mitentscheiden, an wen das Geld zu welchem Zweck ausgezahlt werde. „Das wäre das Gegenteil von wirksamer Kompensation der Wettbewerbsbeschränkungen und von transparenter Mittelverwendung.“

BDEW: Politische Entscheidung über das Energiesystem der Zukunft

Anlässlich der Vorstellung der Energieszenarien, die die Bundesregierung von insgesamt drei Instituten erstellen ließ, sprach sich auch Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für eine sachliche Abwägung in der Politik aus: 

"Mit der Vorlage der Energieszenarien sind wir auf der Zielgeraden des energiepolitischen Gesamtkonzepts. In den nächsten vier Wochen muss die Bundesregierung eine politische Entscheidung über das Energiesystem der Zukunft treffen. Auf der Grundlage zahlreicher Berechnungen und Diskussionsbeiträge sollte nun Raum für Vernunft und eine sachliche Abwägung für die Politik sein. Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung in der nächsten Zeit alle betroffenen Interessengruppen anhört, um sich ein konkretes Bild zu machen. Insbesondere bei der Frage einer wettbewerbsneutralen Ausgestaltung der Laufzeitverlängerung ist der BDEW der einzige, der alle Unternehmen quer durch alle Sparten, Größen und Wertschöpfungsstufen vertreten kann. Die deutsche Energiewirtschaft erwartet mit dem energiepolitischen Gesamtkonzept klare Rahmenbedingungen für die anstehenden Milliardeninvestitionen."

Die Szenarien zeigten, dass die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung nur ein wichtiger Aspekt von vielen sei. Das habe der BDEW immer betont. "Es muss nun um die Beantwortung zahlreicher zentraler Fragen zur künftigen Energieversorgung und nicht um ein einziges Thema gehen. Kernfragen sind vor allem, wie künftig die Integration der erneuerbaren Energien gelingt, wie die notwendigen Netze schneller ausgebaut, neue Speichertechnologien erforscht und die effiziente Kraft-Wärme-Kopplung weiter vorangebracht werden können", betonte Müller. Das Ziel sei eine CO2-neutrale Energieversorgung bis zum Jahr 2050. "Die Politik muss dazu Entscheidungen treffen, die die Belange aller Energieunternehmen berücksichtigen", so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Es sei richtig, dass Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und Bundesumweltminister Norbert Röttgen zudem die Bedeutung des Energieverbrauchs bei Gebäuden, Wärme und im Verkehr betont hätten. "Allen Beteiligten muss aber klar sein, welche große Aufgabe hier noch liegt", sagte Müller.

"Eine weitere wesentliche Aufgabe wird es sein, dass die Politik künftig gemeinsam mit der gesamten Energiewirtschaft die hohe Infrastrukturskepsis in der Bevölkerung abbauen muss. Die erneuerbaren Energien können nur wachsen, wenn neue Stromleitungen gebaut werden. Und wenn wir die Klimaschutzziele schaffen wollen, brauchen wir auch neue Erzeugungsanlagen. Das müssen alle Beteiligten den Menschen hierzulande erklären", erläuterte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.