Lammert kritisiert Verfahren zur Laufzeitverlängerung
Stand: 02.11.2010
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Berlin - Bezüglich der Verlängerung der Atomlaufzeiten hat Bundestagspräsident Norbert Lammert der schwarz-gelben Bundesregierung schwere Verfahrensmängel vorgeworfen. Die Beratungen am vergangenen Donnerstag seien kein "Glanzstück von Parlamentsarbeit" gewesen. Dies sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Er habe den "Verdacht mangelnder Sorgfalt". Die Bundesregierung wies diese Vorwürfe zurück, die Unionsfraktion bezeichnete Lammerts Kritik als "nicht nachvollziehbar".
Lammert sagte, der Bundestag habe sich letztlich auf Druck der Regierung zu wenig Zeit genommen. Nicht nur die Opposition, sondern immer mehr Abgeordnete von Union und FDP beklagten, die Anforderungen der Regierung seien "eigentlich unzumutbar". Er bezog sich auch auf Beratungen im Bundestags-Umweltausschuss am vergangenen Dienstag, bei denen die Opposition von einer Missachtung ihrer Rechte gesprochen hatte. Lammert verwies zudem darauf, dass der Bundestag außer längeren Atom-Laufzeiten noch das wichtige Sparpaket beschlossen hatte.
Regierungssprecher Steffen Seibert hält die Kritik für unbegründet. "Die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass das Energiekonzept das parlamentarische Verfahren vollkommen ordnungsgemäß und mit ausreichend Zeit zur intensiven Erörterung durchlaufen hat", sagte er. "Wenn der Bundestagspräsident Bedenken gehabt hätte, die so ernst gewesen wären, dass einer Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag rechtlich etwas entgegengestanden hätte, dann hätte er das mit Sicherheit vorher sehr klar gesagt." Lammerts Äußerungen würden jedoch "sehr ernst genommen".
In der Unionsfraktion stießen die Äußerungen von CDU-Politiker Lammert teils auf Unverständnis. "Für das Energiekonzept und das Haushaltsbegleitgesetz (Sparpaket) gab es genügend Zeit und Gelegenheit zur Beratung", sagte Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier. Er verwies indirekt darauf, dass der Bundestagspräsident die Verfahrensdebatte mit Kritik der Opposition am Donnerstag mitverfolgt habe. Die Fraktionen von Union und FDP hätten der Opposition außerdem weitere Beratungen angeboten, die das nicht angenommen habe.
Lammert kritisierte es als "politisch unklug", dass die Regierung die Länder bei den Atomgesetzen nicht einbeziehen will. Von einer anders zusammengesetzten Regierung würden sie aus seiner Sicht erneut geändert. Seibert sagte: "Entscheidend für die Bundesregierung ist das, was die dafür zuständigen Ressorts - das Innenressort und das Justizressort - zur Verfassungsfähigkeit dieses Gesetzes gesagt haben." Sie halten eine Einbeziehung der Länder rechtlich nicht für notwendig. Lammert sagte, die Laufzeiten seien nach seiner Kenntnis nicht sachlich begründet, sondern schlicht ausgehandelt worden. Der Bundestagspräsident hatte sich beim Votum der Atomgesetze enthalten.
Die SPD-Fraktion bekräftigte ihre Kritik: "Die Koalition missachtet die im Grundgesetz garantierten Rechte der Minderheit im Parlament", sagte Geschäftsführer Thomas Oppermann. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Atomgesetze. Es müsse geprüft werden, "ob diese Gesetze überhaupt ordnungsgemäß zustande gekommen sind", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel" (Dienstag).
Lammert hat sich nicht das erste Mal kritisch zu Wort gemeldet. Beim Sparpaket forderte er, dass auch Spitzenverdiener einen Beitrag leisten. Dem Euro-Rettungspaket stimmte er nur mit Zähneknirschen zu. Seinen Unmut zeigte er auch bei der ermäßigten Mehrwertsteuer für Hoteliers - er nannte sie "unsinnig".