Länder beschreiten beim Klimaschutz eigene Wege
Stand: 23.07.2014
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Mainz - Klimaschutz per Gesetz: Nach Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg will jetzt auch Rheinland-Pfalz CO2-Einsparziele bis 2050 festschreiben. Weitere Länder planen entsprechende Gesetze, andere sehen die Bundesregierung in der Pflicht.
Die EU hat welche, Deutschland hat welche - und nun sind es schon drei Bundesländer, die sich selbst Klimaschutzziele bis 2050 setzen. Sogar per Gesetz. Nach Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg will sich auch Rheinland-Pfalz festgelegte Regeln geben, um klimaschädlichen Gasen allmählich den Hahn zuzudrehen. Das rot-grün regierte Land an Rhein und Mosel erlegt sich im Entwurf die bisher weitgehendsten Ziele eines Bundeslandes auf. Allerdings fehlt, ähnlich wie in NRW, noch der konkrete Fahrplan mit Auflagen. Der Landtag in Mainz wollte am Mittwoch über das Gesetz entscheiden.
Hamburg hat schon seit 1997 ein Klimaschutzgesetz mit Energiesparvorgaben, aber ohne Klimaziele in Zahlen. Als erstes Land steuerte NRW im vergangenen Jahr ein Gesetz zum Klimaschutz mit messbaren Zielen bei: Das Kohleland mit dem größten Energieverbrauch in Deutschland will bis 2020 mindestens ein Viertel weniger Treibhausgase in die Luft blasen als 1990. Bis 2050 sollen es mindestens 80 Prozent weniger sein. Grün-Rot in Baden-Württemberg brachte vor einem Jahr das zweite Klimagesetz an den Start: Bis 2020 sollen die Emissionen - wie in NRW - mindestens um ein Viertel sinken, bis 2050 aber um 90 Prozent.
Rheinland-Pfalz will 90 Prozent weniger Treibhausgase
Die rot-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz will noch weiter gehen: Mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase sollen es bis 2020 sein, bis 2050, wenn's geht, 100 Prozent, aber mindestens 90. Die erste grüne Wirtschaftsministerin in einem Flächenland, Eveline Lemke (Grüne), sagt: "Wir sind das dritte Bundesland in Deutschland, das den Klimaschutz auf eine rechtlich verbindliche Grundlage stellt. Ganz zu schweigen vom Bund, da wird es lediglich einen Klimaschutzplan geben, das wird eine bloße Absichtserklärung sein."
Aber wie sollen die Ziele geschafft werden? Dafür plant Rot-Grün unter Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) noch ein Konzept binnen Jahresfrist. Es geht um mehr Energiesparen - und um mehr Wind. Die Zahl der Windräder soll bis 2030 von etwa 1200 auf rund 2650 wachsen. Die Standorte sind teils strittig. Aber in 16 Jahren soll der Strom aus den Steckdosen in Rheinland-Pfalz komplett aus Öko-Energien stammen. Im vergangenen Jahr steuerten sie laut Wirtschaftsministerium ein Viertel zum Stromverbrauch bei.
Keine zusätzlichen Belastungen für Unternehmen
Mit der heimischen Wirtschaft, zu der BASF gehört, gab es bei der Planung für das Gesetz einige Spannungen. Die Unternehmen befürchteten, dass bei Industrie-, Gewerbe- und Straßenprojekten nichts mehr gehen könnte, wenn die Klimaschutzziele auch für die Landesplanung maßgeblich wären. SPD und Grüne strichen den Passus. SPD-Fraktionschef Hendrik Hering betont: "Es wird keine zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaftsbetriebe geben."
Das freut die Landesvereinigung Unternehmerverbände. "Das war für uns die entscheidende Maßgabe, andernfalls wäre die Wettbewerbsfähigkeit unseres Industriestandorts unter die Räder gekommen", sagt Hauptgeschäftsführer Werner Simon.
Wenn es nach Rot-Grün geht, soll der Staat vorangehen beim Klimaschutz. Der Landesrechnungshof warnt jedoch vor 250 Millionen Euro Kosten bis 2030, wenn Landesimmobilien komplett nachgerüstet werden müssen. Die CDU im Landtag befürchtet einen finanziellen Blindflug. Die Grünen entgegnen, "Null-Emission" sei gar nicht das Ziel. Ganz festgelegt ist aber derzeit noch nichts.
Deutschland könnte eigenes Ziel verfehlen
Ähnlich wie in NRW - dort liegen 360 Vorschläge auf dem Tisch. Baden-Württemberg hat bereits einen Katalog mit Aktionen für Strom, Wärme, Verkehr und Landwirtschaft. Auch in anderen Ländern tut sich was: Während einige darauf warten, dass der Bund mit einem eigenen Gesetz die Marschroute vorgibt, arbeiten etwa Berlin, Bremen und Niedersachsen an Landesnormen.
Klimaschutz klingt gut, ist aber auch eine immense Anstrengung. Das offenbarte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), als sie davor warnte, dass das deutsche Reduktionsziel für 2020 deutlich verfehlt werden könnte. Nun sollen zusätzliche Aktionen helfen. Die Bundesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um mindestens 40 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.
Dabei soll der Ausbau der Öko-Energien helfen, aber auch das Energiesparen. Nach langem Hick-Hack zwischen Bund und Ländern um die Energiewende treten die Länder beim Klimaschutz nun von sich aus aufs Gaspedal.