Kritik an Information auf Raten - AKW Krümmel erhitzt erneut Gemüter
Stand: 05.07.2007
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Kiel (dpa) - Nach den Störungen im Atomkraftwerk Krümmel ist eine Debatte über "scheibchenweise" Auskünfte zu sensiblen Vorgängen entbrannt. Erst am Dienstag erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Reaktorschnellabschaltung nach einem Trafo-Brand fünf Tage zuvor unvorhersehbare "Nebenwirkungen" hatte. Druck und Pegelstand des Kühlwassers im Reaktordruckbehälter sanken schnell ab. Zwar funktionierte die Sicherheitstechnik und die Nachspeisesysteme glichen die Schwankung aus, doch dass diese Umstände der Öffentlichkeit tagelang verborgen blieben, brachte nicht nur Atomkritiker in Harnisch.
Über Salamitaktik, scheibchenweise Information, Vertuschungsversuche oder Verharmlosung eines Unfalls wettern dagegen Umweltverbände und Landespolitiker im Norden von Grünen über SPD und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) bis hin zur FDP. Zweifel am Sicherheitsmanagement des Betreibers Vattenfall und an dem für Reaktoraufsicht zuständigen Sozialministerium sehen die Freien Demokraten in Kiel. "Es ist zynisch, wenn jetzt argumentiert wird, das Ausbleiben von schlimmeren Folgen zeige die Sicherheit der Technologie", sagt die Vorsitzende des SSW im Kieler Landtag, Anke Spoorendonk, und betont: "Krümmel darf nie wieder ans Netz".
Das Kieler Sozialministerium hat nichts auszusetzen. "Wir sind schnell informiert worden", sagte Ministeriumssprecher Oliver Breuer. Die ersten Hinweise auf mögliche "Auffälligkeiten" bei der Schnellabschaltung, die in Kiel am Freitag auf dem Tisch lagen, seien noch sehr vage gewesen. Sie wurden dann am Samstag mit Fachleuten in Kiel erläutert, am Montag überprüft und am Dienstag ausgewertet - dann kam eine Pressemitteilung des Ministeriums.
"Nach dem Brand in Krümmel konnte erst am Montagabend mit einer Besichtigung der Anlage und vertieften Analyse der Abläufe begonnen werden", erläuterte Ressortchefin Gitta Trauernicht. "Gerade bei den komplexen Abläufen in einem Kernkraftwerk ist es überaus wichtig, gesicherte und belastbare Informationen zu haben." Das Ministerium könne nicht erste Informationen des Betreibers ungeprüft weitergeben. "Wir informieren die Öffentlichkeit auf der Basis eigener und durch Gutachten gestützter Fakten", betonte Trauernicht.
Wenn es um Krümmel geht, reagiert die Öffentlichkeit seit jeher besonders sensibel. Hintergrund ist eine rätselhafte Häufung von Blutkrebsfällen bei Kindern in der Region. Sowohl der Reaktor als auch die nahe gelegene Forschungsanlage GKSS standen immer wieder im Verdacht, der Auslöser zu sein. Ein heftiger Expertenstreit rankte sich um mögliche Zusammenhänge, zahlreiche Gutachten wurden mit Millionenaufwand gefertigt - ohne weithin akzeptiertes Gesamtergebnis. "Alle Studien kommen zu dem Ergebnis: Es gibt keinen Vorfall im Atomkraftwerk Krümmel oder bei der GKSS, der ursächlich für die Leukämiefälle zu nennen ist", musste vor knapp drei Jahren der damalige grüne Kieler Umweltminister Klaus Müller feststellen.
Chronologie: Die Abfolge der Informationen zum Störfall in Krümmel
Donnerstag, 28. Juni: Das Atomkraftwerk Brunsbüttel fährt nach einem Kurzschluss automatisch herunter. Gut eineinhalb Stunden später geht auch der Meiler Krümmel vom Netz. Betreiber Vattenfall informiert am Nachmittag: "Die Abschaltung im Kernkraftwerk Krümmel wurde durch einen Brand in einem Transformator ausgelöst. Die Ursache des Feuers ist bislang unklar. Der Transformator befindet sich außerhalb des Reaktorgebäudes auf dem Hof des Kraftwerks. Die Feuerwehr hat den Brand inzwischen unter Kontrolle."
Freitag, 29. Juni: Offi