Krebskranke aus der Asse-Umgebung wenden sich an die Behörden
Stand: 08.12.2010
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Remlingen - Bereits 20 Betroffene haben sich bei den Behörden gemeldet, seit Informationen über stark erhöhte Krebsraten in der Umgebung des maroden Atommülllagers Asse öffentlich geworden waren. Alle erkrankten Anwohner sowie diejenigen mit an Krebs erkrankten Angehörigen seien weiter aufgerufen, sich bei den Gesundheitsämtern zu melden. Dies sagte der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann (SPD) am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion in Remlingen. Momentan arbeite eine Expertengruppe enen Fragebogen zur individuellen Untersuchung der Krebsfälle aus. Bisher liegen die Daten nur in anonymisierter Form vor.
Das niedersächsische Sozialministerium hatte Ende November von den erhöhten Krebsraten in der Samtgemeinde Asse berichtet. So lag die Rate von Leukämieerkrankungen von 2002 bis 2009 doppelt so hoch wie statistisch zu erwarten. Statt der zu erwartenden 8 Fälle gab es 18 Erkrankungen. Die Rate für Schulddrüsenkrebs bei Frauen verdreifachte sich im untersuchten Zeitraum.
"Es ist selbstverständlich, dass jetzt jedem Fall nachgegangen werden muss", sagte Röhmann. Es müssten familiäre und berufliche Zusammenhänge sowie Verbindungen zum Atommülllager untersucht werden. Da die Datenerhebung auf pathologischen Meldung basierten, sei auszuschließen, dass ein übereifriger Arzt zu viele Krebsfälle gemeldet haben könnte, erläuterte Michael Hobmann vom Sozialministerium. Die Statistik sei trotz des vergleichbar kleinen Einzugsgebietes der Samtgemeinde Asse mit 10.000 Einwohnern ernst zu nehmen. Daten für die umliegenden Samtgemeinden seien noch in der Auswertung.
Die Bundesregierung hatte die Häufung der Krebserkrankungen für Zufall gehalten. Die Strahlung in der Umgebung der Asse könne die Vielzahl von Krebsfällen nicht erklären, hatte das Bundesumweltministeriums mitgeteilt. In dem ehemaligen Salzbergwerk Asse II wurde in den 60er und 70er Jahren Atommüll eingelagert, der schwach- bis mittelradioaktiv sein soll. In die einsturzgefährdete Schachtanlage dringt Wasser ein.
Der Wolfenbütteler Landrat kritisierte die Haltung der Bundesregierung. "Wer von 250 Kilometer Entfernung weiß, woran es nicht gelegen hat, der schafft kein Vertrauen", sagte Röhmann. Bei der Podiumsdiskussion in Remlingen waren auch Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz und des Sozialministeriums vertreten sowie ein Sprecher des Koordinationskreises Asse II. Veranstaltet wurde die Diskussion vom Radiosender NDR 1 Niedersachsen. Die Aufzeichnung wird am Donnerstag (9. Dezember) um 20.05 Uhr in der Sendereihe "Jetzt reicht's!" ausgestrahlt.