Konzept für Energiewende gesucht: Bund-Länder-Gipfel in Berlin
Stand: 02.11.2012
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Berlin - Die 16 Länderchefs und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) suchen beim heutigen Energiegipfel nach einem gemeinsamen Konzept für die Energiewende. Mehrere Ministerpräsidenten bekundeten ihren Willen zur Einigung, auch wenn die Positionen zum Teil weit auseinanderliegen. Vor dem Kanzleramt demonstrierten am Vormittag mehrere Umweltverbände dafür, die Energiewende zu beschleunigen und die Kosten gerecht zu verteilen.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte im dapd-Interview: "Heute müssen wir die ersten Pflöcke für ein abgestimmtes nationales Energiekonzept einschlagen." Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse besser koordiniert werden. Bislang verfolgten Bund und Länder ihre eigenen Vorstellungen. Seine Thüringer Amtskollegin Christine Lieberknecht (CDU) sagte im Deutschlandfunk, es könne nicht 16 verschiedene Energiewenden in 16 Bundesländern geben plus eine vom Bund. Bis Mitte 2013 müsse zusammen mit der Bundesnetzagentur ein nationaler Bedarfsplan für erneuerbare Energien erarbeitet werden.
Netzausbau und Versorgungssicherheit im Fokus
Beim Energiegipfel im Kanzleramt geht es unter anderem um Versorgungssicherheit, Preisstabilität und den Netzausbau. Die Länderchefs hatten in der vergangenen Woche in einem Eckpunktepapier gefordert, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so zu ändern, dass es Investitionssicherheit gewährleistet, die Kosten für die Energiewende "auf ein vertretbares Maß begrenzt" und das Zusammenspiel von erneuerbaren Energien mit "der übrigen Energieversorgung" optimiert. Die Bundesregierung will die Kosten für den Ausbau des Ökostroms deckeln.
Das stößt auch bei Ministerpräsidenten aus den Reihen der CDU auf Widerspruch. Er wünsche sich "eine nationale Ausbaustrategie" für die erneuerbaren Energien, sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister im ZDF-"Morgenmagazin". Notwendig sei "ein klares Bekenntnis der Bundesregierung und der 16 Ministerpräsidenten zum weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie", sagte McAllister. Die Windanlagen auf dem Meer stellten "eine Schlüsseltechnologie" dar, um die Energiewende zu schaffen. Diese sei "eine gigantische Herausforderung", betonte der niedersächsische Regierungschef. Sie werde nur gelingen, "wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen".
McAllisters hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) schlug in der "Süddeutschen Zeitung" vor, die Anbieter alternativer Energien sollten ihren Abnehmern die Bereitstellung einer vereinbarten Strommenge garantieren. Da dies mit der schwankenden Stromausbeute aus Wind und Sonne kaum möglich sei, könnten Ökostrom-Erzeuger Verträge mit konventionellen Kraftwerken schließen. "Das verhindert, dass wir unabhängig voneinander zwei Systeme haben und weiter ausbauen mit doppelten Kosten", sagte Bouffier.
Albig: Im Zweifelsfall muss der Staat einspringen
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) mahnte ebenso wie die Grünen ein einheitliches Stromnetz an. Albig forderte eine staatliche Netzbetreibergesellschaft, sollten die privaten Firmen finanzielle Probleme beim Netzausbau haben. "Wenn wir feststellen, dass ein privater Netzbetreiber es nicht schafft, muss es der Staat machen", sagte Albig den "Kieler Nachrichten". Der Netzausbau müsse mit ehrgeizigen und verbindlichen Zeitplänen unterlegt werden. "Bisher jedenfalls machen die Netzbetreiber beim Netzausbau viel zu wenig", kritisierte er.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin verlangte "ein gemeinsames Netz, das in öffentlichem Besitz ist, allerdings mit privater Beteiligung". Die vier bestehenden Netzbetreiber seien nicht in der Lage, den notwendigen Netzausbau zu gestalten, sagte Trittin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Trittins Ko-Vorsitzende Renate Künast warf der Regierung Konzeptionslosigkeit vor. "Es fehlt immer noch ein schlüssiger Plan zum Ausbau der Stromnetze, und die Wahlperiode ist nun bald zu Ende", sagte sie der Nachrichtenagentur dapd. Dass Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die Kraftwerksbesitzer per Gesetz zwingen wolle, unrentable Kraftwerke am Netz zu lassen, sei Planwirtschaft und völlig absurd.
Rösler selbst weilte während des Energiegipfels auf einer Indienreise, zog jedoch auch die Kritik des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf sich. Rösler trete als "Bremser der Energiewende" auf, bemängelte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger im "Handelsblatt". Bundesumweltminister Peter Altmaier sollten mehr als 100.000 Unterschriften für eine faire Verteilung der Kosten der Energiewende übergeben werden.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verlangte von der Kanzlerin mehr Führung. "Im Moment haben wir bei den Länderzielen einen Wildwuchs: Export im Norden, Autarkie im Süden, das passt nicht zusammen", sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann dem Düsseldorfer "Handelsblatt". Er betonte: "Wichtig ist, dass die Kanzlerin in Richtung Kabinett genauso wie in Richtung Länder eine klare Linie vorgibt."