Konflikt um Netzausbau: Stromtrassen nach Bayern bleiben
Stand: 04.11.2014
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Berlin - Die Stromnetzbetreiber halten trotz der Auseinandersetzung mit Horst Seehofer an ihren Plänen zu den Stromtrassen in Bayern fest. Die Betreiber verweisen nach erneuten Nachrechnungen darauf, dass andernfalls die Strompreise im Bundesland des CSU-Chefs steigen könnten.
Beim Stromnetzausbau in Deutschland soll es trotz der Proteste in Bayern bei drei großen Trassen in den Süden bleiben, allerdings sind insgesamt sieben größere Korrekturen geplant. So soll die von CSU-Chef Horst Seehofer scharf kritisierte Ost-Süd-Trasse um 110 Kilometer Richtung Norden verlängert werden und bei Magdeburg beginnen, um mehr Windstrom nach Bayern transportieren zu können. Dies geht aus dem am Dienstag von den vier Übertragungsnetzbetreibern veröffentlichten Entwurf für den überarbeiteten Ausbauplan hervor.
Sieben größere Korrekturen geplant
Mit der Verlagerung des Startpunktes scheinen die Netzbetreiber Protesten Rechnung zu tragen, dass vor allem Braunkohlestrom über die Trasse nach Bayern gelangen könnte - bisher sollte sie in Bad Lauchstädt nahe eines Braunkohlereviers starten. In Bayern soll die Ost-Süd-Trasse zudem nicht mehr in Meitingen bei Augsburg, sondern 30 Kilometer weiter westlich beim AKW Gundremmingen in Schwaben enden.
Von dort soll der Strom auf untere Spannungsebenen verteilt werden. In den nächsten zehn Jahren sollen insgesamt 2800 Kilometer an neuen Höchstspannungsleitungen gebaut werden, die meisten als Gleichstromtrassen mit einer Transportkapazität von sechs Gigawatt. 2900 Kilometer im bestehenden Netz sollen optimiert werden. An Kosten werden mindestens 22 Milliarden Euro veranschlagt - ohne Erdkabel. Die Bundesnetzagentur muss die Vorschläge nun prüfen und genehmigen. Dann müssen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat darüber beraten.
Details zum Strom-Abtransport
Mit dem Ausbau soll vor allem mehr Windstrom aus dem Norden und Osten in den Süden kommen. Die geplante "Hauptschlagader" der Energiewende, der in Schleswig-Holstein beginnende 800 Kilometer lange SuedLink, soll beim Abzweig nach Baden-Württemberg nun bei Wendlingen enden, um näher an die Industrieregion Stuttgart heranzurücken. Dafür soll eine von Bünzwangen nach Goldshöfe geplante Wechselstromtrasse entfallen.
Zum Abtransport von Windstrom aus Mecklenburg-Vorpommern sollen zudem Leitungen von 220 auf 380 Kilovolt verstärkt werden, und zwar bei den Trassen Pasewalk-Lubmin und Lubmin-Lüdershagen-Güstrow. Eine weitere Netzverstärkung ist von Hamburg/Nord nach Krümmel geplant. Bei Gütersloh in NRW soll auf eine Höchstspannungstrasse verzichtet werden, ebenso auf eine Trasse von Borken nach Gießen in Hessen. An der Nordsee soll eine Leitung zum Abtransport von Meeres-Windstrom östlich zum Einspeisepunkt Cloppenburg/Ost verlagert werden.
Umstellung auf Ökostrom ab 2022
Deutschland hatte sich 2011 nach der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima für einen völligen Umbau der Energieversorgung entschieden. Das letzte Kernkraftwerk soll bis 2022 vom Netz gehen, der Anteil von Ökostrom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse an der Stromerzeugung von heute 25 Prozent bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen. Aus Kreisen der Netzbetreiber hieß es, viele Leitungen seien derzeit am Anschlag, es gebe jährliche Kosten durch Netzeingriffe und die zwangsweise Abregelung von Windrädern in Höhe von 400 Millionen Euro.
Die bayerische Staatsregierung reagierte reserviert auf den Entwurf. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Eine Vorfestlegung auf bestimmte Trassen ist damit nicht verbunden." Es bleibe bei dem mit der Bundesregierung vereinbarten Fahrplan. Demnach soll Bayern im Dialog mit Bürgern und Wirtschaft bis Januar eine Entscheidung treffen, ob sie die geplanten Trassen so akzeptieren. Seehofer hatte auch die Ost-Süd-Trasse bereits 2013 im Bundesrat bei der Billigung von 36 Ausbauprojekten mitgetragen. Ein Netzbetreiber warnte, ohne den Ausbau könne in Bayern künftig der Einkaufspreis für Strom bis zu 30 Prozent teurer als im Norden sein.
Die vier für den Ausbau zuständigen Netzbetreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW hatten in den vergangenen Monaten wegen der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und geänderter Ausbauziele vor allem bei der Windkraft die Netzplanungen für die nächsten zehn Jahre noch einmal überprüft. Seehofer hatte verlangt, dass er die Notwendigkeit der Trassen nachgewiesen haben möchte.