Kommunen warnen vor Stromausfällen durch Heizlüfter
Stand: 12.09.2022
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Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat angesichts der Energiekrise vor flächendeckenden Stromausfällen in Deutschland gewarnt. «Die Gefahr eines Blackouts ist gegeben», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Welt am Sonntag». Die Vorbereitung auf echte Krisensituationen müsse verbessert werden. Experten halten das deutsche Stromnetz allerdings für gut gewappnet. «Die Angst ist zu einem großen Teil Panikmache», sagte Energieexperte Christoph Maurer vom Beratungsunternehmen Consentec dem Fernsehsender n-tv. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht grundsätzliche eine hohe Versorgungssicherheit.
Landsberg warnte konkret vor der Gefahr einer «Überlastung des Stromnetzes - etwa wenn die 650 000 in diesem Jahr verkauften Heizlüfter ans Netz gehen, sollte die Gasversorgung ausfallen». Auch feindliche Hackerangriffe seien ein realistisches Szenario. «Wir können flächendeckende Stromausfälle nicht ausschließen», sagte er. Für diesen Fall sei Deutschland ungenügend gerüstet.
Heizlüfter könnten Stromnetz an die Grenzen bringen
Er forderte die Bürger auf, die Empfehlungen des Bundes zum Katastrophenschutz ernst zu nehmen und Wasser sowie Lebensmittel im Haus zu haben. Bei einem großflächigen Stromausfall «läuft kein Wasser, man kann nicht tanken, nach zwei Tagen kann man sein Handy nicht mehr laden», beschrieb er. Auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, warnte vor massenhaftem Gebrauch von Heizlüftern. Sie zu nutzen sei selbst bei den hohen Gaspreisen teurer als Heizen mit Gas, sagte er dem «Tagesspiegel». Außerdem könne es Stromnetze lokal an ihre Grenzen bringen, wenn viele Menschen gleichzeitig mit Heizlüftern heizten.
Ein Stromnetz-Stresstest der Bundesregierung kam kürzlich zu dem Ergebnis, «dass stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23 zwar sehr unwahrscheinlich sind, aktuell aber nicht vollständig ausgeschlossen werden können». Dabei ging es um ein Extrem-Szenario, in dem wegen Gasmangels ein Viertel bis die Hälfte der Gaskraftwerke in Süddeutschland ausfallen, zugleich anhaltendes Niedrigwasser den Nachschub für Kohlekraftwerke ausbremst, französische Atomkraftwerke weiter außer Betrieb sind und viele Heizlüfter gleichzeitig genutzt werden.
Söder: AKW weiter betreiben
Maurer erklärte bereits am Mittwoch, einen echten Blackout könne man niemals komplett ausschließen. «Mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter müssen wir uns darum allerdings nicht primär sorgen», sagte er. Wenn überhaupt, gehe es wohl eher darum, dass geplant für kurze Zeiträume bestimmte Städte oder Stadtteile vom Netz genommen würden. Echte Blackouts, also großflächige, langfristige Stromausfälle, seien meist nicht davon getrieben, dass zu wenig Strom im System sei.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drängt vor diesem Hintergrund weiter auf einen längeren Betrieb der verbliebenen drei Kernkraftwerke. «Habeck und die Ampel riskieren bewusst einen Blackout», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Die Entscheidung, zwei der drei verbliebenen Kernkraftwerke nur in Reserve zu halten, sei «ideologisch getrieben und verantwortungslos».
Habeck hatte auf der Grundlage des Stresstests vorgeschlagen, die zwei süddeutschen Kraftwerke für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten: Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Eigentlich sollten alle deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende endgültig vom Netz gehen. Eine generelle Laufzeitverlängerung lehnte Habeck ab, was unter anderem für Streit mit der FDP sorgte.
"Wir kommen da durch"
«Die Ampel hofft auf einen milden Winter, aber wenn es ein kalter Winter wird, hat Deutschland ein faustdickes Energieproblem», warnte Söder. «Es wird zu Abschaltungen kommen - und das wird existenzgefährdend für unsere Betriebe.» Wenn man die Kernkraftwerke abschalte, fehle Strom für zehn Millionen Haushalte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen versprach mit Blick auf die Energiekrise: «Wir kommen da durch.» Die Menschen in Deutschland spürten, dass sie in einer ernsten Zeit lebten. «Wir haben uns aber vorbereitet», versicherte der Kanzler in seiner wöchentlichen Videobotschaft. «Wir werden uns als Land unterhaken, weil wir ein solidarisches Land sind.»
Deutschland sei vorbereitet dafür, dass Russland seine Gaslieferungen wegen des Kriegs gegen die Ukraine weitgehend einstelle. Nach Wartungsarbeiten und einem angeblichen technischen Defekt fließt bereits seit vergangener Woche über die Leitung Nord Stream nichts mehr nach Deutschland. Die Bundesregierung stellt sich darauf ein, dass das auch so bleibt. «Wir haben uns aber vorbereitet», sagte Scholz und verwies auf den Bau von Flüssiggas-Terminals an den norddeutschen Küsten, den Füllstand der Gasspeicher, die Nutzung von Kohlekraftwerken und notfalls auch weiter Atomkraftwerken.