Klimaforscher: China hat tragische Rolle beim Klimaschutz
Stand: 25.11.2013
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Warschau/Potsdam - China ist Windenergieweltmeister, pflanzt riesige Wälder, und seine Energieproduktion wird immer effizienter. Dennoch sträubt es sich gegen verpflichtende Ziele in einem Klimavertrag. "China möchte einfach nicht von anderen Ländern gesagt bekommen, was es zu tun hat", meint der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Prof. Hans Joachim Schellnhuber.
Frage: Können wir angesichts schleppender Klimakonferenzen die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen, was noch als tragbar für Mensch und Natur gilt?
Antwort: Wir sind derzeit auf dem 3,7-Grad-Kurs. Es wird immer deutlicher, dass wir ohne massives Engagement von China, Indien und Brasilien die 2-Grad-Leitplanke durchbrechen werden. Wir kommen damit von der halbwegs sicheren Straße ab und rasen in höchst gefährliches Gelände.
Frage: Aber haben nicht die Industrieländer mehr Verantwortung, weil die meisten der langlebigen Treibhausgase in der Atmosphäre von ihnen stammen?
Antwort: Ein Chinese produziert im Durchschnitt schon heute pro Jahr etwa soviel Kohlendioxid wie ein Europäer - jeweils gut sieben Tonnen. Natürlich trägt der Westen bisher die größte historische Klimaverantwortung, der Deutschland mit seiner Energiewende sogar gerecht werden kann - falls die große Koalition sie klug vorantreibt. Aber schon in etwa 15 Jahren wird China auch bei den insgesamt emittierten Treibhausgasen mit Europa aufgeschlossen haben - wenn das Land nicht auch die Wende einleitet.
Frage: In den vergangen acht Jahren ist Chinas CO2-Ausstoß im Vergleich zum Wirtschaftswachstum schon um 26,4 Prozent gesunken. Warum tut es sich so schwer mit einem internationalen Vertrag?
Antwort: China möchte einfach nicht vom Ausland gesagt bekommen, was es gefälligst zu tun habe. Das ist nicht nur eine politische, sondern auch eine kulturelle und psychologische Angelegenheit. Wenn, dann will es Klimaschutz aus eigener Einsicht heraus tun.
Frage: Könnte es dennoch sein, dass China sich einmal in einen international verpflichtenden Klimavertrag einbinden lässt?
Antwort: Durchaus. Die Hoffnung besteht darin, dass China insbesondere technologisch so schnell vorankommt, dass es sich großzügig einem Abkommen öffnen kann. Also aus einer Position der Stärke heraus. Nicht zuletzt, weil es die wirtschaftlichen Chancen der anstehenden industriellen Revolution erkennt, der Abkehr von den fossilen Brennstoffen.
Frage: Mutiert China denn bald zum klimafreundlichen Land?
Antwort: Dort passiert jede Menge. Zum Beispiel wird in mehreren Provinzen ein Emissionshandelssystem aufgebaut, viel zu wenig beachtet vom Westen. Aber es ist trotzdem so, dass China noch einen ungeheuren Ausstoß von Treibhausgasen verantwortet. Das hat auch eine gewisse Tragik, denn die Anstrengungen im Lande sind objektiv gewaltig. Deshalb bedarf selbst die Supermacht China unserer Unterstützung und Anerkennung - um endlich führen zu können.
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