Kernfusionsexperiment Wendelstein 7- X verzögert sich
Stand: 21.04.2003
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Greifswald (dpa/mv) - Die Inbetriebnahme des Kernfusions-Experimentes Wendelstein 7-X in Greifswald verzögert sich. Der Fusionsofen (Stellarator) werde voraussichtlich 2009 oder 2010 und damit drei bis vier Jahre später als geplant in Betrieb genommen, sagte der Sprecher des Greifswalder Teilinstituts des Max-Planck- Instituts für Plasmaphysik (IPP), Professor Friedrich Wagner, in einem dpa-Gespräch. Ursache seien Verzögerungen bei der Lieferung von Bauteilen für den weltweit grössten Fusionsofen vom Stellaratortyp und ein Mangel an Ingenieuren.
Nach Schätzungen des IPP entstehen durch den späteren Beginn des Fusionsexperimentes Zusatzkosten von rund fünf Prozent. "Wir hoffen auf die Übernahme der Zusatzkosten durch EU, Bund und Land", sagte Wagner. Nach derzeitigen Planungen stellen EU, Bund und Land rund 302 Millionen Euro für den Institutsbau und den Aufbau des Experimentes bereit.
Ein weiteres Problem sei, dass mit 30 Mitarbeitern nur etwa die Hälfte des erwarteten Personals aus dem Garchinger Mutterinstitut nach Vorpommern gewechselt sei, sagte Wagner. Dadurch ergebe sich zwischenzeitlich ein Know-how-Verlust, der aber durch die Qualifizierung von Nachwuchspersonal sowie durch die Unterstützung der deutschen Fusionsinstitute und des europäischen ITER-Teams wettgemacht werden könne.
Die erste der rund drei Meter grossen, supraleitenden Magnetspulen soll von Juni an im französischen Saclay getestet werden. Dabei würden die Spulen einer grundlegenden Funktionsprüfung unterzogen, sagte Wagner. Durch die Tests, deren beschleunigte Ausführung derzeit geprüft werde, könne möglicherweise ein Teil der Verzögerungen aufgeholt werden. Noch im Herbst 2003 soll die erste Spule nach Greifswald geliefert werden. Ende 2003 sollen nach Angaben Wagners 10 bis 15 Spulen in Saclay und Greifswald sein.
Mit dem Kernfusionsexperiment "Wendelstein 7- X" in Greifswald soll die Tauglichkeit der Kernfusion - die Verschmelzung von zwei Wasserstoffatomen - für die Energiegewinnung getestet werden. Wissenschaftler versprechen sich von der Kernfusion eine Lösung der globalen Energieprobleme der Zukunft. Mittels der Kernfusion werden auf der Sonne gigantische Energiemengen freigesetzt.
Im 1994 gegründeten Teilinstitut des Garchinger Max-Planck- Institutes für Plasmaphysik in Greifswald entsteht der weltweit grösste Fusionsofen vom so genannten Stellaratortyp. Die Wissenschaftler wollen dort die Bedingungen testen, unter denen die Fusion der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium stattfindet. Bund, EU und Land fördern das Projekt mit insgesamt 302 Millionen Euro. Stellaratoren sind nach Angaben der Wissenschaftler wegen ihres Bauprinzips besonders für den Dauerbetrieb in späteren Kraftwerken geeignet.
Vor kurzem hatte die Bundesregierung Greifswald eine Absage als möglicher Standort des weltweit ersten Kernfusionskraftwerks ITER erteilt. Mit dem Internationalen Thermonuklearen Experimentalreaktor (ITER) wollen die USA, Japan, Kanada, Russland, China und die EU die Energiegewinnung durch Kernfusion demonstrieren.