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Jürgen Großmann ein Jahr bei RWE

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Essen - Beim Amtsantritt von RWE-Chef Jürgen Großmann konnte es vor einem Jahr nicht schnell genug gehen: Vier Monate vor dem ursprünglich geplanten Zeitpunkt übernahm der ehemalige Stahl- Manager zum 1. Oktober vergangenen Jahres die Leitung des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns. Die Erwartungen an den branchenfremden Seiteneinsteiger waren riesig: Der Zwei-Meter-Mann und leidenschaftliche Segler sollte den Essener Energieversorger wieder auf Wachstumskurs bringen und für einen kräftigen Rückenwind beim Börsenkurs sorgen.

Ein Jahr später kann der heute 56-jährige Manager noch keine spektakuläre Übernahme vermelden, und auch der Wert der RWE-Aktie ist in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gesunken. Im Tagesgeschäft bescheinigen Beobachter dem ehemaligen Stahl-Manager jedoch, viele Dinge in Bewegung gebracht zu haben, auch wenn er bei der Umsetzung seiner Pläne in den vergangenen Monaten auch im eigenen Haus auf Widerstände gestoßen ist.

«Jürgen Großmann macht einen guten Job und ist mit seinen langfristigen Perspektiven im Plan», sagt Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Kurzfristig betrachtet habe jedoch «die eine oder andere Sache nicht richtig geklappt».

Den Einstieg bei dem russischen Energieversorger TGK-2 sagte RWE erst in der vergangenen Woche schließlich ab. Als Begründung wurde auf ein «Kaufpreisniveau» verwiesen, das ein solches Engagement «nicht sinnvoll» mache. Bei British Energy kam RWE ebenfalls nicht zum Zug. Auch beim Börsengang von American Water lief nicht alles nach Plan.

Nach massiven Kundenverlusten im Stromgeschäft des Konzerns konnte der für das Tagesgeschäft als Chief Operation Officer (COO) zuständige Vorstand Ulrich Jobs vor wenigen Tagen für das Unternehmen Entwarnung geben. Nach dem Wegfall von 200 000 Stromkunden seit Jahresbeginn wurde im August erstmals wieder unterm Strich ein Plus von 6 000 Kunden erzielt. Neue Kunden will das Unternehmen dabei vor allem mit dem Billigstromanbieter «Eprimo» gewinnen, der jedoch erst in «zwei bis drei Jahren» die roten Zahlen verlassen soll.

Auf Widerstände stieß Grossmann beim geplanten Umbau der in Dortmund ansässigen RWE-Sparte Systems, der bei der Gewerkschaft Befürchtungen vor einer Zerschlagung weckte. Kritisch sehen die Arbeitnehmervertreter dabei vor allem einen möglichen Wegfall der paritätischen Mitbestimmung bei der geplanten Umwandlung der AG in eine GmbH. In der RWE-Zentrale wird dagegen betont, dass es dabei vor allem um kürzere Entscheidungswege und nicht um Personalabbau gehen soll. Betriebsbedingte Kündigungen unter den 63 000 RWE-Mitarbeitern sind ohnehin bis zum Jahr 2012 ausgeschlossen.

Mit einem Effizienz-Steigerungsprogramm will der Konzern unter der Regie von Großmann bis zum Jahr 2012 insgesamt 1,2 Milliarden Euro an Kosten senken. Rund eine Milliarde davon seien «bereits abgearbeitet», sagte Jobs in Essen. Auf den Weg gebracht wurde auch ein milliardenschweres Investitionsprogramm für neue Kraftwerke, sowie ein deutlicher Ausbau der Gasförderung der RWE-Tochter Dea. Bei den erneuerbaren Energien brachte der neue Chef mit der RWE-Tochter Innogy in diesem Frühjahr eine eigene Gesellschaft an den Start.

Der aus dem Ruhrgebiet stammende Manager Großmann setzt dabei statt auf die Ankündigung großer Visionen gern auf Realitätsnähe. Bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hatte er bei einer Rede zum Jahresempfang der IHK-Bochum seine Zuhörer mit einem Bekenntnis überrascht: «Ich wäre auch gerne so hübsch und schlank wie Brad Pitt oder Michael Douglas. Bin ich aber nicht. Und statt Waschbrettbauch habe ich auch eher einen Waschbärbauch», sagte der bekennende Feinschmecker damals. Dann fügte er hinzu: «Dazu stehe ich aber. Weil ich Realist bin.»