Japan: weiteres AKW vom Netz - Engpässe bei Stromversorgung
Stand: 18.07.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP
Tokio - In Japan musste ein weiterer Atomreaktor abgeschaltet werden. Dies erschwert die Stromversorgung im Land, die auch jetzt schon unzureichend ist, zusätzlich. Ein Reaktor im AKW Ooi werde wegen eines Zwischenfalls vorerst vom Netz genommen, erklärte der Energieversorger Kansai Electric Power am Samstag. Derweil besuchte Japans Ministerpräsident Naoto Kan zum fünften Mal seit der Atomkatastrophe die Unglücksregion von Fukushima.
In einem für Notfallsituationen bereitstehenden Borsäurebehälter sei ein Druckverlust festgestellt worden, teilte der Betreiber des AKW Ooi mit. Bislang sei allerdings kein Austritt von Radioaktivität festgestellt worden. Wann der Reaktor wieder ans Netz gehen könne, sei derzeit noch unklar.
Mit der neuen Abschaltung sind nur noch 18 der 54 Atomreaktoren in Japan am Netz, eine Vielzahl von Reaktoren war gleich nach dem Erdbeben und anschließendem Tsunami vom 11. März abgeschaltet worden. Wegen des Atomunfalls im AKW Fukushima wurden viele Reaktoren als Vorsichtsmaßnahme vorerst nicht wieder ans Netz genommen.
Um Engpässe bei der Stromversorgung im Sommer zu vermeiden, riefen die Behörden Unternehmen und Verwaltungen im Raum Tokio auf, ihren Stromverbrauch zu reduzieren. Wegen der starken Nutzung von Klimaanlagen wird das Stromnetz im Sommer besonders belastet.
Ministerpräsident Kan besucht Krisenregion
In der Präfektur Fukushima, wo sich in Folge des schweren Erdbebens und anschließenden Tsunamis der schwerste Atomunfall seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 ereignet hatte, beriet Ministerpräsident Kan am Samstag mit Vertretern verschiedener Orte der Region, wie die Nachrichtenagentur Jiji Press berichtete. Er wolle die weiteren Maßnahmen entsprechend der Ansichten der örtlichen Behördenvertreter ausrichten, versicherte Kan, der wegen seines Krisenmanagements in der Kritik steht.
Zuvor hatte der Regierungschef bereits Arbeiter des AKW Fukushima besucht und erklärt, es seien schrittweise Fortschritte zu verzeichnen. Japan will in der kommenden Woche einen Zwischenstand zu dem Atomunfall veröffentlichen. Die Zeitung "Asahi Shimbun" berichtete, dass sich die Situation so weit verbessert habe, dass die Regierung erwäge, die Evakuierungszone im August zu verkleinern. Zudem sollten frühere Bewohner außerhalb des 20-Kilometer-Radius' möglicherweise wieder angesiedelt werden.
Radioaktiv verstrahltes Rindfleisch gefunden
Unterdessen meldeten weitere japanische Regionen die Entdeckung radioaktiv verseuchten Rindfleischs. Insgesamt seien 132 Rinder, die Stroh mit hohen Werten radioaktiven Cäsiums gefressen hätten, über das Land verteilt verschickt worden, berichteten japanische Medien am Sonntag. Verseuchtes Fleisch erreichte demnach 36 der 47 Präfekturen. Die Regierung plant nun ein Verbot für Rindfleisch aus der Präfektur Fukushima, das auf weitere Regionen ausgeweitet werden könnte.
Als Symbol der Entschlossenheit nach der Katastrophenserie gab Tokio seine Bewerbung zur Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2020 bekannt. "Japan muss sich von der schweren Erdbebenkatastrophe erholen", sagte der Präsident des japanischen Olympischen Komitees (JOC), Tsunekazu Takeda, und erklärte, die Spiele sollten zum "Symbol der Heilung" werden.
Der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, nannte die Bewerbung Tokios "großartig". Er zeigte sich überzeugt, dass sich Japan nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe mit rund 22.000 Toten und Vermissten wieder aufrichten werde.
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