Industrie soll Milliarden-Rabatte beim Ökostrom behalten
Stand: 07.05.2014
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Berlin - Industrie-Unternehmen sollen weiter Ökostrom-Rabatte von jährlich mehr als fünf Milliarden Euro bekommen. Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch ein Gesetz für ein neues Rabattsystem. So sollen Firmen entlastet werden, die besonders viel Strom verbrauchen und im harten Wettbewerb mit Konkurrenten außerhalb Europas stehen. Die Opposition wirft Union und SPD vor, die Wirtschaft auf Kosten der privaten Stromkunden zu bevorzugen. An diesem Donnerstag wird die Ökostrom-Reform von Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) erstmals im Bundestag beraten. Änderungen sind zu erwarten.
Bislang waren knapp 2100 Unternehmen weitgehend von den Kosten für den Ausbau von Ökostrom-Anlagen befreit. Sie zahlten etwa einen Cent je Kilowattstunde - ein normaler Privathaushalt aber 6,24 Cent Umlage. Die neuen, etwas schärferen Kriterien werden voraussichtlich um die 1600 Unternehmen erfüllen, knapp 500 Firmen verlieren also einen Teil ihrer Privilegien. Für sie hat Gabriel aber großzügige Härtefall-Ausnahmen vorgesehen - statt bisher 85 Prozent erhalten sie künftig 80 Prozent Rabatt.
Milliarden-Rabatte für 219 Branchen
Die Wirtschaft lobte, dass die Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Branchen erhalten bleibe. Die schärferen Vorgaben seien gerade noch verkraftbar, meinte Utz Tillmann vom Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die geplante Verdoppelung der Mindestumlage auf 0,1 Cent je Kilowattstunde, die alle Firmen im Rabattsystem zahlen müssen, erhöhe aber Energiekosten gerade für Hersteller bei Baustoffen, Chemie, Glas, Papier und Stahl. Künftig können Firmen aus 219 Branchen Rabatte beantragen.
Gabriel hatte ursprünglich Kürzungen bei den Rabatten um bis zu eine Milliarde Euro in Aussicht gestellt, um den Strompreis für Bürger und Mittelstand zu dämpfen. Nun wäre die große Koalition schon froh, wenn es bis zur Wahl 2017 bei einem Gesamtrabatt von fünf Milliarden pro Jahr bleibt. SPD-Chef Gabriel hat die Rabatte stets verteidigt. Sie sicherten Hunderttausende Arbeitsplätze in der Industrie.
EEG-Reform sieht Förderkürzungen vor
Anfang April hatte sich die Regierung mit der EU-Kommission bereits grundsätzlich über die künftige Ökostrom-Förderung geeinigt. Die Regeln für die Rabatte fehlten aber noch. Brüssel hatte wegen des Ausmaßes der Rabatte im Dezember ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gilt als eines der zentralen Projekte der Koalition aus Union und SPD. Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima hatte Deutschland entschieden, bis 2022 aus der Atomkraft auszusteigen. Der Anteil von Grünstrom soll massiv steigen, ohne dass die auf mehr als 20 Milliarden Euro explodierten Förderkosten weiter anziehen.
Die Neufassung des im Jahr 2000 eingeführten EEG sieht deshalb Kürzungen vor, zudem soll der Ausbau besonders der Windenergie an Land stärker gesteuert und beschnitten werden. Im August soll das neue EEG in Kraft treten, wenn Bundestag und Bundesrat grünes Licht geben. Ein Musterhaushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch zahlt im Jahr netto knapp 220 Euro Umlage zur Förderung von Solar-, Wind-, Wasser- und Biomasseenergie. Davon entfallen rund 45 Euro auf die Industrie-Rabatte.