Immer mehr Details zu dubiosen EnBW-Geschäften
Stand: 04.07.2012
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Stuttgart/Karlsruhe - Die Lobbyisten-Geschäfte von EnBW hätten fast den Aktienkauf durch die baden-württembergische Landesregierung verhindert. Wie nun bekannt wurde, setzte Mappus-Freund Notheis den französischen Konzern EdF unter Druck.
Geschäfte des Energieversorgers EnBW mit dem russischen Lobbyisten Andrey Bykov haben offenbar beinahe den Aktienkauf durch das Land Baden-Württemberg verhindert. Wenige Tage vor Vertragsabschluss habe die Verkäuferin, die Électricité de France (EdF), verlangt, ihre bisherigen Aufsichtsratsmitglieder bei der EnBW müssten von der Haftung für den "russischen Deal" freigestellt werden, berichtete die "Stuttgarter Zeitung" in ihrer Mittwochausgabe unter Berufung auf unveröffentlichte Recherchen des Landesrechnungshofes.
Der Banker führte Regie
Ein Sprecher des Rechnungshofes wollte dazu keine Stellung nehmen. Bislang ist nur eine Zusammenfassung eines Rechnungshof-Berichtes zum EnBW-Aktiendeal bekannt. In der vor einer Woche vorgestellten Zusammenfassung wird unter anderem eine unzureichende Wirtschaftlichkeitsprüfung und Bewertung der EnBW durch die vom Land beauftragte Bank Morgan Stanley gerügt.
Das Land übernahm im Dezember 2010 mehr als 46 Prozent der EnBW-Anteile. Der Deal unter dem damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) wurde am Landtag vorbei eingefädelt und vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Wie aus mehreren öffentlich gewordenen Mails hervorgeht, führte der Deutschlandchef von Morgan Stanley und Duz-Freund von Mappus, Dirk Notheis, die Regie.
Zeitung: Notheis drohte EdF
Auch das Ansinnen der EdF nahm Notheis laut "Stuttgarter Zeitung" in die eigenen Hände und lehnte es rigoros ab. "Was wird hier gespielt", soll er auf Englisch an den EdF-Finanzchef geschrieben haben. "Hören Sie auf mit diesen Spielchen", hieß es weiter. Er habe sogar damit gedroht, den ganzen Fall öffentlich zu machen. Am Ende bestanden die Franzosen dann nicht mehr auf ihrer Forderung.
Die EnBW hatte mit Bykov Geschäfte gemacht, die beim Konzern zu Abschreibungen von 130 Millionen Euro führten und derzeit ein Schiedsgericht in der Schweiz beschäftigen. Laut EnBW ging es bei den Verträgen aus den Jahren 2005 bis 2008 unter anderem um die Lieferung und Sicherung von Uran, die Firmen hätten diese Leistungen aber nicht erbracht. Bykov sagt, er sei für Lobbyarbeiten bezahlt worden.
Falsche Angaben in Steuerklärungen
Inzwischen hat sich auch die Staatsanwaltschaft in den Fall eingeschaltet. Die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Behörde in Mannheim teilte vergangene Woche mit, sie habe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Untreue zum Nachteil der EnBW gegen sieben aktive und ehemalige Verantwortliche des Konzerns eingeleitet.
Sie sollen unter anderem Steuererklärungen abgegeben haben, bei denen Zahlungen an Unternehmen der Bykov-Gruppe zu Unrecht als Betriebsausgaben angegeben wurden. Zudem bestehe der Verdacht der Untreue durch den Abschluss zweier Verträge, die einer Tochtergesellschaft der EnBW einen Nachteil von insgesamt 59 Millionen Euro eingebracht haben soll.