Hintergrund: Politische Strategien für billigeren Strom
Stand: 25.04.2007
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP
Berlin (AFP) - Stromkunden in Deutschland kommen um die vier großen der Branche - Eon, RWE, EnBW und Vattenfall - kaum herum. Kritiker monieren seit langem, das Quartett habe den Markt unter sich aufgeteilt und halte die Preise künstlich hoch. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch erste Gegenmaßnahmen beschlossen - weitere Anti-Hochpreis-Strategien sind in der Debatte.
Ein neuer Paragraph 29 soll in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), also das Kartellrecht, geschrieben werden. Mit der Novelle darf das Bundeskartellamt die Strompreise leichter prüfen und senken, wenn es vermutet, dass ein Unternehmen zu viel verlangt. Behauptet ein Konzern das Gegenteil, muss er seine Kalkulation offen legen. Bisher mussten die Stromverbraucher nachweisen, dass ihre Strompreise zu hoch sind, was meist aussichtslos war. Der Bundestag muss dem Gesetz noch zustimmen. Die Regelung soll für vier Jahre gelten, dann soll der Wettbewerb von selbst funktionieren.
Netzanschlussverordnung
Den Betreibern der deutschen Stromnetze, meist die vier großen Energiekonzerne, soll es künftig schwerer gemacht werden, anderen Stromerzeugern den Anschluss an ihre Leitungen zu verweigern. Konkurrenten, die sich schnell dafür entscheiden, Strom ins deutsche Netz einzuspeisen, erhalten eine Garantie, dass sie die Leitungen zehn Jahre nutzen dürfen. Damit sollen neue Anbieter dazu bewegt werden, Strom in Deutschland zu produzieren. So soll es mehr Vielfalt, mehr Wettbewerb und niedrigere Preise geben. Die Regelung wurde am Mittwoch vom Kabinett beschlossen. Sie muss noch durch den Bundesrat.
Anreizregulierung
Die Netzbetreiber - neben den großen Vier sind das mehrere hundert Stadtwerke - müssen nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums ihre Preise für die Durchleitung des Stroms deutlich senken. Sie müssen diese dabei schrittweise dem des billigsten Anbieters anpassen. Außerdem sollen die Preise bei allen Netzbetreibern, egal wie teuer sie sind, grundsätzlich jedes Jahr um 1,5 Prozent sinken müssen. Da die Kosten für die Netznutzung knapp 40 Prozent des Strompreises ausmachen, sollen die neuen Regeln auch den Strompreis deutlich senken. Der Gesetzentwurf befindet sich noch in der Ressortabstimmung.
Abspaltung der Netze
Die EU-Kommission verfolgt derzeit den radikalsten Weg, um die Marktmacht der Stromkonzerne zu mindern. Sie will, dass künftig Stromerzeugung und Netzbetrieb grundsätzlich bei zwei verschiedenen Unternehmen liegen sollen. Das liefe für die großen deutschen Stromkonzerne, die jeweils Kraftwerke und Netze betreiben, auf eine Zerschlagung hinaus. Die Bundesregierung und andere europäische Länder sind aber gegen ein so scharfes Vorgehen. Die EU-Kommission will ihre Pläne im September vorstellen.