Hendricks: Verstaatlichung von AKW-Risiken kommt nicht in Frage
Stand: 03.12.2014
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Berlin - Im Zuge des geplanten Umbaus beim Energieversorger E.ON hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Energiewirtschaft davor gewarnt, sich vor der Verantwortung für den Akw-Rückbau zu drücken.
Eine "Verstaatlichung von Risiken nach jahrzehntelangen Gewinnen aus den Atomkraftwerken" komme nicht in Frage, sagte Hendricks der "Rheinischen Post" vom Dienstag. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin warnte E.ON davor, die Gesamthaftung zu umgehen und sich "einen schlanken Fuß zu machen".
Hendricks betonte: "Auch im Falle einer Unternehmensaufspaltung bleibt die Industrie selbstverständlich verantwortlich, die Kosten für die Stilllegung und den Rückbau der Atomkraftwerke sowie für die Entsorgung des Atommülls zu tragen." Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt lehnte es strikt ab, "dass man Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert" und damit dem Steuerzahler aufbürde. Vor diesem Hintergrund müsse die Entscheidung des Konzerns analysiert werden, sagte Hasselfeldt am Dienstag in Berlin.
Deutschlands größtes Energieunternehmen E.ON hatte am Montag eine radikale Neuausrichtung und Aufspaltung angekündigt. Der eine Unternehmensteil soll sich künftig auf erneuerbare Energien konzentrieren, der andere auf konventionelle Energieformen wie Atomstrom, Kohle und Gas. Diesen Teil will E.ON in eine neue, eigenständige Gesellschaft überführen. Diese soll demnach 2016 mehrheitlich abgespalten und danach an die Börse gebracht werden.
Der Konzern hält nach eigenen Angaben 14,5 Milliarden Euro in der Reserve, um Atomkraftwerke rückzubauen und die Lagerung von Atommüll zu gewährleisten. Kritiker befürchten, dass die Summe nicht ausreichen könnte.
Trittin äußerte im Deutschlandfunk Zweifel an der Ehrlichkeit der Umbaupläne. E.ON habe vielmehr einen Weg gefunden, eine Gesamthaftung für den Rückbau der Atomanlagen zu umgehen, sagte der Grünen-Politiker. Der angeschlagene Energiekonzern versuche, die Kosten für die Langzeitfolgen der Braunkohle und der Atomkraft zu minimieren, "indem sie diese Haftungssumme mal kurzerhand verringern". Als Antwort darauf müsse der Staat nun das noch vorhandene Vermögen sichern, um die Finanzierung der Folgekosten zu gewährleisten.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) forderte gesetzliche Regelungen, um zu verhindern, dass die Energieversorger die Atomkosten auf den Staat abwälzen. Die Konzerne hätten mit der Kernkraft "sehr, sehr viel Geld" verdient, sagte Wenzel der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom Dienstag.
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel erklärte: "Es bleibt das Geheimnis von E.ON, wie eine ausgelagerte Bad Bank aus Atom, Kohle und Gas künftig über ausreichend Kapital verfügen wird, um die wachsenden Kosten für den Akw-Rückbau und die Atommüll-Entsorgung zahlen zu können." Dazu gehöre auch ein Bekenntnis zum Verursacherprinzip.
Lob für die E.ON-Entscheidung kam von der Energieökonomin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert. Sie sprach in der "Passauer Neuen Presse" vom Dienstag von einem "wichtigen Schritt und Befreiungsschlag". E.ON habe damit gute Chancen, auch mittel- bis langfristig von den wirtschaftlichen Chancen der Energiewende zu profitieren.